Archive for the ‘Journalist’ Category

Marbach beim Marburger Abend – Jus Dillon-Wurst packt aus

Dienstag, Dezember 17th, 2019

Der irre Top-Jurist Jus-Dillon Wurst durfte erstmals die Bühne betreten: am vergangenen Sonntag, 15. Dezember, beim Marburger Abend im Kulturhaus Kfz. Senior-Partner Wurst hat seine Wurzeln in der Marbach, arbeitet jedoch seit langem bei der Großkanzlei Cornwall and More. Vor drei- bis vierhundert Zuschauern ließ sich der Jurist auf offener Bühne interviewen. Fortsetzung folgt.

Daniel Grosse im Kfz beim
Marburger Abend. Foto: privat

In der Gondel – kürzeste Krimi-Lesung der Welt

Dienstag, Januar 15th, 2019

Von Daniel Grosse
Die Marbach soll „gelesen“ werden. Also nahm ich 30 Flyer, 30 vorgedruckte Postkarten und 20 Lesezeichen mit. Die erste Fahrt mit der Gondel im Skiurlaub, da die Idee. Wo trifft man sonst sechs bis zehn Menschen für 15 Minuten und ist ihnen ganz nah? In der Gondel einer Bergbahn. In meiner Jackentasche steckten mehrere Flyer und Postkarten. Professionell hatte ein Kollege dort aufdrucken lassen, was auf dem Marbach-Krimi Plausch am Ententeich abgebildet ist. Auch das Logo mit den zwei Enten. Und das knallrote Herz. Hinzu kamen die ISBN-Nummer, mein Autorennname, ja, auch der Begriff „Marbach-Krimi“. Direkt nach der Talstation, oder besser oberhalb der Mittelstation, kurz vor dem Ausstieg? Wann wäre der beste Zeitpunkt, um ganz platt Werbung für den Krimi und die Marbach zu machen?, fragte ich mich. Ab der Mittelstation, da waren die Mitfahrer am besten drauf. Das merkte ich spätestens nach der dritten Fahrt. Also schnell eine Geschichte rund um mich erzählt, den Krimi, die Marbach. Auch wie verrückt die Protagonisten so sind und das Ganze mit dem Plausch am Ententeich ein Schreibexperiment war. Dann öffneten sich die Kabinentüren. Ein kurzer Abschied und der nachgerufene Gruß von mir: „Viel Spaß beim Lesen. Ich freue mich auf eine Rückmeldung.“

Nach etwa zehn Fahrten kam Stufe 2 der PR-Kampagne: Die kürzeste Krimi-Lesung der Welt. Auf dem Lesezeichen zu meinem Krimi stand die Zusammenfassung der Geschichte rund um Birger, Betty und den Kopf. Die Mitfahrenden in der Gondel fragte ich jedes Mal: „Darf ich Ihnen kurz vor dem Gipfel die kürzeste Krimi-Lesung der Welt präsentieren?“ Keiner sagte Nein. Alle blickten mich vielmehr fragend, gleichzeitig erwartungsvoll, an. Bingo. Egal, ob nur zwei Wintersportler in der Gondel saßen oder acht, ob Deutsche, Holländer oder Österreicher, alle freuten sich, dass die Fahrt zum Gipfel so endete.

Fazit: Als Freier Autor immer eine Geschichte dabei haben, anderen davon erzählen, Situationen nutzen – und an Werbematerial denken.
PS: Die Steigerung wäre eine längere Lesung in der Gondel gewesen oder auf einer Skihütte beim Einkehrschwung. Aber der komplette Krimi lag leider zu Hause auf dem Nachttisch 🙁 Der nächste Skiurlaub kommt bestimmt. Dann!

Marbacher Nachrichten frisch gedruckt

Freitag, Dezember 15th, 2017

Guten Morgen, liebe Marbacherinnen und Marbacher!

Heute erscheinen die neuen Marbacher Nachrichten, frisch geliftet, im komplett neuen Layout.

Das sind unter anderem die Themen:

  • Barrierefreies Marbach
  • Jahresrückblick 2017 des MGV
  • Frauenchor Piano
  • Pro und Contra zu Supermarkt und Wohnbebauung am Oberen Rotenberg / Höhenweg
  • Grundschule Marbach stellt sich vor
  • Gottesdienste Weihnachten, Kinderkirche und Kinderfrühstück
  • Rubrik Marbach stellt sich vor: Mal Journalist, mal Krimi-Autor
  • Spielplätze Höhenweg und Hasenberg
  • Regenrückhaltebecken – mehr als nur ein Ententeich?

Die Marbacher Nachrichten werden in Kürze in der Marbach verteilt, liegen aber zum Beispiel auch in der Grundschule und bei den Bäckereien aus. Wie gefallen Ihnen / euch Themenwahl und neues Layout? info (at) dgrosse.de

Lesezeit: 30 Sekunden – Digitalisierung

Mittwoch, Mai 10th, 2017

Von Daniel Grosse

Mir geht dieser Digitalisierungswahn gehörig auf den Sender. Entschuldigt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Auch dieses Lokalblog ist natürlich eine Folge der Möglichkeiten, die die Digitalisierung bietet. Zugegeben.

Zu publizieren ist, dank der Technologien und des Internet, einfacher geworden. Auch ich publiziere über Books on Demand. Auch ich schreibe für Medien über Recht, die Juristen und wie sie mit Legal Tech erfolgreicher werden. Sinnvoll? Aber darum geht es nicht. Die Häufung und die Lobpreisung, mit der Digitalisierung medial hinaus gepustet wird, stört mich. Wir lesen über faceebook und darüber, wie Gedanken Prozesse steuern sollen. Wir hören von Implantaten, die Körper wieder beweglicher machen. Medien dürfen nicht mehr crossmedial arbeitend bezeichnet werden, weil das den Stand vor zehn Jahren beschreibe. Da entsteht ein schiefes Bild. Das ist mir zu einseitig. Muss Digitalisierung überhaupt sein, oder wie viel davon, und wo? So arbeiten zum Beispiel Unternehmerinnen auf der Schwäbischen Alb schon seit Jahren erfolgreich, beschicken und betreiben ihre Wochenmärkte, ohne Internet, teils sogar ohne E-Mail. Von einem Oliven-Online-Shop ganz zu schweigen. Steinzeit? Nein. Kundennähe? Ja. Zu den Wochenmarktkunden und den Lieferanten. Und was ist mit Branchen, in denen Menschen sich mit einem Tuch neben Bettlägrige setzen, ihnen den Speichel vom Mund wischen? Altenpflege eben. Da kommen leider auch auch schon Online-Digital-Geräte zum Einsatz, die die Takt- und Pflegezeiten vorgeben, aber die dienen eben nicht dem Menschen, sondern den Arbeitgebern und Krankenkassen. Nur zwei ganz kleine Beispiele.

Dass lange nach der Dampfmaschine die Digitalisierung gefolgt ist, mag ja logisch erscheinen. Aber dass das immer so gesund und sinnvoll ist, ist eine andere Frage. Und die ist unpopulär. Gut so. Übrigens, im Wald singen noch immer Vögel – vollkommen undigital.

Mein Vorschlag für das Unwort des Jahres: Digitalisierung.

Frische Ideen oder stirbt das Lokalblog?

Dienstag, Mai 2nd, 2017

Gekommen, um zu bleiben. Foto: Daniel Grosse

Von Daniel Grosse

Zurück aus Berlin, wo ich in den vergangenen Tagen rund 30 Blogger, Journalisten, Wissenschaftler und andere interessante Menschen getroffen, gehört und gesprochen habe, werden ab sofort frische Ideen in dieses Lokalblog MARBACH DIREKT einfließen. Um was es in Berlin ging, und was das mit den Marbacher Lesern zu tun hat? „Gekommen, um zu bleiben – Neue Ideen für lokale Onlinemedien“ hieß die Redaktionskonferenz/das Seminar, veranstaltet von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb).

MARBACH DIREKT einfach offline stellen, die Kanäle kappen, tschüss zu sagen, das war kürzlich die Option. Die Marbach ist schließlich klein, wir sprechen hier also von hyperlokalem Journalismus für rund 4.000 Marbacher. Kann so etwas funktionieren? Oder leiden wir in unserem Mikrokosmos schlicht an Themenarmut? Keineswegs. Nicht zuletzt nach der Berlin-Konferenz bin ich mir daher sicher: Ja, das funktioniert, das mit MARBACH DIREKT, und ist wichtig als Gegenöffentlichkeit für angestammte Medien wie etwa die Oberhessische Presse oder andere.

MARBACH DIREKT macht also auch weiterhin in der Regel keinen Terminjournalismus. Wenn doch, dann sind Termine Startschuss oder Beschleuniger für langfristige Berichterstattung. MARBACH DIREKT liefert einen anderen Blick auf Themen, die in unserem Stadtteil wichtig sind für seine Bewohner – und damit die Leser.

„Wie geht gute Berichterstattung im Lokalen und Hyperlokalen? Welche multimedialen Möglichkeiten können gerade kleine Onlineseiten nutzen, die ohne eingefahrene verlegerische Strukturen arbeiten, um etwa Themen des Wahlkampfs aufmerksamkeitsstark zu erzählen? Ein paar engagierte Journalistinnen und Journalisten hatten sich mit eigens gegründeten Onlinemedien vor einigen Jahren daran gemacht, wieder stärker auf Themen vor Ort einzugehen und auch die schwierigen nicht auszusparen. Um zu überzeugen, braucht auch ein noch so kleines Medium ein scharfes Profil, das auf die Leserschaft, die Umgebung und die Konkurrenzsituation zugeschnitten ist.“ So hatten die Kollegen der drehscheibe/bpb zu Beginn der Berliner Redaktionskonferenz geschrieben.

Eine twitter-Rückschau ist hier zu sehen.

Also drei Ergebnisse: Nach Berlin ist vor Berlin. Und nur die systematische und nachhaltige Vernetzung der Hyperlokalen untereinander schafft letztlich den konsequenten Gegenentwurf zu etablierten Medien. Eine sich regelmäßig aktualisierende Seite im Internet sollte installiert werden, die einen Überblick über deutsche Online-Lokalmedien/Lokalblogs liefert.

Neuen Luxus in der Marbach entdeckt

Donnerstag, Februar 23rd, 2017

Von Daniel Grosse

Was Luxus mit Daten zu tun hat? Nun, öffentlich sichtbar zu sein, so dass jeder, der das Internet nutzt, auch Details erfährt, die vielleicht gar nicht für jeden Menschen sichtbar sein sollen, ist 2017 im Zuge der Digitalisierung trotzdem Realität. Da tippt jemand bei WhatsApp auf ein Feld und eine schlüpfrige Grafik samt Text können alle Teilnehmer einer Gruppe sehen. Gut? Nein, sicher nicht, aber darum geht es auch weniger. Es geht vielmehr um den Spagat zwischen der gewollten Sichtbarkeit im Netz und der diskreten Zurückhaltung.

Ob das für Marbacher ein Thema ist? Ich versuche, dieses einfach einmal runterzubrechen. Stellen Sie sich vor, Sie wohnen im Birkenweg. Sie leben dort als Privatmensch. Nebenbei sind Sie Freiberufler. Oder Sie arbeiten fest bei einem Arbeitgeber. Nun macht es Sinn, dass Sie sich öffentlich darstellen oder präsentieren, für sich werben oder einfach digital präsent sind. Aber wie wäre es, wenn Sie in einigen Jahren die Verfügungsgewalt über Ihre eigenen Daten und damit das Nicht-Weitergeben Ihrer persönlicher Daten und Umstände und Ihre Nicht-Existenz im Internet als ein Luxusgut erfahren? Vielleicht wäre das vergleichbar mit dem heutigen Luxus, sich mittels Lage und Größe von Wohnumgebung und der Art von Transportmitteln einen gegen Dritte geschützten privaten Lebensraum zu schaffen. Eine denkbare Option?

Lokaljournalismus lernen „Mit Stift und Block“

Donnerstag, Februar 5th, 2015

In eigener Sache: „Mit Stift und Block“ ist nun auf dem Markt, mein Ratgeber für Jungreporter.

So steht es auf der Verlags-Internetseite:

 Ansprechen soll „Mit Stift und Block“ die, die sich ein Bild von dem Alltag in den Redaktionen einer Lokal- oder Regionalzeitung machen möchten, weil sie dort als Nachwuchsjournalisten arbeiten wollen oder bereits erste Erfahrungen gesammelt haben. Dazu kommen die, die die ersten Monate als Reporter vor sich haben und sich mit angrenzenden Fachthemen auseinandersetzen möchten, insbesondere:
Redaktionspraktikanten, freie Mitarbeiter, Volontäre, (Journalistik-)Studenten, Abiturienten und Redakteure.
Worum geht es?
Trotz der Veränderungen des Medienmarktes werden die Regional- und Lokalzeitungen auch künftig häufig die ersten beruflichen Stationen von Journalisten sein. Dieses Werk ist ein Fachbuch, aber gleichzeitig auch ein Ratgeber. Denn „Mit Stift und Block“ richtet sich an „Betroffene“, an Menschen, die den Redaktionsalltag gerade erst kennen lernen, man aber gleichzeitig von ihnen erwartet, dass sie auf Terminen souverän und professionell arbeiten. Diese erste Zeit ist aufregend. Keiner, der als freier Mitarbeiter beginnt, weiß, wie er sich effektiv und richtig verhalten sollte. Wen soll ich ansprechen und so weiter? Der Journalist Daniel Grosse aus Marburg liefert Antworten.
Und wenn ich im Ratgeber “Mit Stift und Block” von “Freien” oder dem “Freien” schreibe, meine ich natürlich stets die freien Mitarbeiter und/oder Praktikanten. Nur selten verdienen diese mit der Zeilenschreiberei ihren kompletten Lebensunterhalt. Ausnahmen gibt es natürlich. Die klassischen Freien hingegen sind die Berufsschreiber – also die freien Journalisten.

Mehr zum Buch direkt beim Verlag und hier.

Neues aus der Kristallkugel – nicht nur für junge Juristinnen und Juristen

Mittwoch, Oktober 8th, 2014

Neues aus der Kristallkugel – nicht nur für junge Juristinnen und Juristen

Neues aus der Kristallkugel – soeben erschienen in: Der Wirtschaftsführer für junge Juristen – „Niemand weiß, wie ein Bäcker in 20 Jahren arbeiten wird. Gleiches gilt für den Rechtsmarkt. Auch Anwälte gestalten und beraten in Zukunft auf Feldern und in einer Weise, die heute noch niemand kennt. Aktuelle Entwicklungen lassen aber trotzdem erahnen, wohin die Reise bei juristischen Berufsbildern geht: Richtung…“
Seite 50-51

http://www.boorberg.de/sixcms/media.php/605/wifue-1-2015.pdf
Seite 50-51

Geheimes Treffen cryptoparty – Ein unverschlüsseltes Interview

Donnerstag, September 25th, 2014

Wo Menschen radikale Ideen einander mitteilen, sind schnell interessierte Lauscher dabei. Damit die es zunehmend schwerer haben, das geschriebene Wort online mitzulesen, gibt es Verschlüsselungen für E-Mails – und verschlüsselte Chats. In einem, dem Cryptocat, traf ich kürzlich Ignatius, der im wahren Leben anders heißt. Auf einer cryptoparty will Ignatius nun sein Wissen über die Welt des Verschlüsselns an Workshop-Teilnehmer weitergeben. Darunter auch Aktivisten und politisch Aktive.

Journalist: Guten Abend, Ignatius, schon im Chat?
Ignatius: Hi, da bin ich.

Journalist: Prima, legen wir los. Warum unterhalten wir uns hier so geheim?
Ignatius: Naja, ich dachte, dass das sicher angemessen ist, wenn wir uns schon über eine cryptoparty unterhalten. So lernst du gleich ein einfaches Medium kennen, über das es mit denkbar geringem Aufwand (und auch für unerfahrene Benutzer_Innen) möglich ist, verschlüsselt zu kommunizieren.

Journalist: Ok, das war schon die Eingangsfrage. Weiter, Stichwort cryptoparty. Weshalb sollten Aktivisten und politisch Aktive verschlüsselt digital unterwegs sein?
Ignatius: Wer Politik machen will und dabei nicht nur auf Reförmchen drängt, sondern grundlegende Kritik an unserer Gesellschaft äußert, ist oft Überwachung ausgesetzt. Gerade, wenn es um die Planung von politischen Aktionen geht, interessieren sich Polizei und Staatsschutz oft für die Kommunikation von Aktivist_Innen. Da reicht es schon, wenn ziviler Ungehorsam Teil einer Aktion ist. Oft werden aber auch Aktionen kriminalisiert, die per se nicht illegal sind, oder es wird versucht, eine Szene auszukundschaften. Deshalb ist es oft wichtig, sicher kommunizieren zu können und zu wissen, dass privat bleibt, was nicht für Dritte bestimmt ist.

Journalist: Nachvollziehbar. Und für die Leser nochmal als kurze Erklärung: Ihr organisiert in Rheinland-Pfalz eine Cryptoparty, bei der auch das Verschlüsseln von Nachrichten ein Thema ist. Und das Wissen, wie verschlüsselte Chats funktionieren. Richtig?
Ignatius: Ja. Bei unser cryptoparty wollen wir versuchen, praxisorientiert den Besucher_Innen beizubringen, wie sie ihre E-Mails verschlüsseln können, wie sie sicher Dateien lagern und austauschen können, und wie sie verschlüsselt chatten. Unsere cryptoparty findet in Rheinland-Pfalz statt, aber wir richten uns primär an Menschen in Mainz – sonst wären das einfach zu viele Leute.

Journalist: Wenn jetzt jemand mehr darüber wissen möchte, als eventueller Teilnehmer, wie kann er denn Kontakt zu euch aufnehmen, wenn es keinen offiziellen Kontakt gibt?
Ignatius: Darüber haben wir uns offengestanden keine Gedanken gemacht, weil wir die Notwendigkeit nicht gesehen haben. Diese cryptoparty findet ja erstmal nur in Mainz mit einem kleinen Publikum statt. Da wir selbst in Mainz politisch aktiv sind, sind wir ohnehin mit so gut wie allen Menschen vernetzt, die sich für den Workshop interessieren könnten.

Journalist: Ok. Anderes Thema: Du schreibst, es werde versucht, eine Szene auszukundschaften, in vielen Fällen. Wer sollte denn nichts davon mitbekommen, was Aktivisten mailen?
Ignatius: Allgemein sind es Polizei und Verfassungsschutz, die oftmals versuchen, linke Projekte und linke Szenen auszuspionieren, auch wenn diese gar nicht konkret in illegale Aktivitäten verwickelt sind. Ein bekanntes Beispiel ist der Verdeckte Ermittler Simon Brommer, der vor einigen Jahren ohne jegliche gesetzliche Grundlage versuchte, die linke studentische Szene in Heidelberg auszuspionieren. über die NSA machen wir uns jetzt weniger Gedanken, auch wenn die bekanntermaßen quasi überall mitliest. Ich habe aber auch als Administrator der Webseite eines besetzten Hauses in Mainz vor zwei Jahren beobachten können, wie diese Webseite selbst, aber auch der Twitter- und der Facebook-Account dieses Projekts überwacht wurden. Wir können nicht ausschließen, dass Polizei oder Verfassungsschutz auch die Computer oder die Mailboxen von einzelnen Aktivist_Innen überwachen.

Journalist: Das klingt jetzt alles doch sehr radikal. Wer wird denn zu eurer cryptoparty kommen? Das werden doch sicher auch „harmlose“ Studierende sein, oder?
Ignatius: Ich glaube, diese Unterscheidung zwischen „radikal“ und „nicht radikal“ will ich nicht mitgehen. Wer als radikal bezeichnet wird, und wer nicht, liegt meistens nicht in der Definitionsmacht der Betroffenen. Als zu radikal gilt manchen schon die Feststellung, dass die Existenz von Alltagsrassismus ein Fakt ist, und antifaschistische Projekte mussten in der Vergangenheit eine „Demokratieerklärung“ unterzeichnen, wenn sie Fördermittel erhalten wollten. Radikal sind unsere Besucher_Innen wohl fast alle, insofern sie eine ungerechte Gesellschaft nicht einfach hinnehmen, sondern verändern wollen. Harmlos sind wohl ebenso fast alle. Das Problem ist ja gerade, dass poltische Aktivist_Innen bisweilen überwacht werden, ganz unabhängig davon, ob sie nun im Rahmen ihrer Aktivitäten den Rahmen der Gesetze verlassen oder nicht. Recht auf den Schutz unser Privatsphäre haben wir dennoch alle.

Journalist: Radikal heißt dann im Grunde also, die Ziele konsequent zu verfolgen. Diese Ziele wollen die Teilnehmer im Verborgenen diskutieren, online, und dafür auch das Verschlüsseln. Das Recht auf Privatsphäre könnt ihr so wirksam einfordern?
Ignatius: Der Radikalitätsbegriff wird vor allem oft als Schlagwort benutzt, um unbequeme politische Aktivitäten als gesellschaftsfeindlich zu stempeln und ist fast nie eine Selbstbezeichnung der damit benannten Menschen. Ich denke, so sollte „radikal“ verstanden werden. Mag aber sein, dass auch einige Menschen den Begriff auf sich selbst anwenden, um damit die Kompromisslosigkeit ihrer Einstellung zu kennzeichnen. Die Verschlüsselung dient den Teilnehmer_Innen des Workshops nun einerseits dazu, die Planung von politischen Aktivitäten geheim zu halten, beispielsweise wenn sie wie bei einer Straßenblockade im Rahmen einer Demonstration nicht mehr legal sind (was nicht heißt, dass sie nicht legitim oder angemessen sein könnten, schließlich kommt bei einer Straßenblockade niemand zu schaden). Andererseits betrifft die Überwachung von Kommunikation ja auch oft das, was eigentlich gar nichts mit politischen Aktivitäten zu tun hat, in der Intimsphäre der Betroffenen liegt und niemensch außer ihre Kommunikationspartner_Innen etwas angeht. Da geht es dann um die Privatsphäre.

Journalist: Traurig oder schlimm genug, dass überhaupt überwacht wird. Aber dann können wir doch sämtliche unverschlüsselte Mail- und Chatprogramme in die Tonne hauen. Denn Privatsphäre bieten sie ja offenkundig keine. Abhören beziehungsweise Mitlesen ist bei herkömmlichen Programmen mit einigem technischem Wissen immer möglich. Ignatius, was hältst du von diesem Fazit?: Egal ob radikal oder nicht, wer sein Recht auf Privatsphäre wahrnehmen möchte, muss verschlüsseln, wenn es online geht. Oder sich im Real Life im Verborgenen treffen.
Ignatius: Ok, das ist doch ein ganz brauchbares Resumée. Danke für das Interview!

Journalist: Danke dir auch. Und danke für die Demonstration von Cryptocat.

Daniel ist wütend – Büroalltag in der Firma – Sehenswert im Theater

Freitag, März 21st, 2014

„Warteraum Zukunft“ – eine Kritik von Daniel Grosse

Daniel ist wütend. Der mittel-gescheitelte, gefrustete Ingenieur Daniel Puttkamer sitzt im Warteraum Zukunft, einem Theaterstück von Oliver Kluck. Daniel brüllt, marschiert über Tische und Stühle, schimpft, spritzt Wasser über die Zuschauer. In seiner Erregung kann er kaum den Becher halten. Alles nervt ihn. Sein Job, der schon morgens beginnt, wenn er im Auto sitzt und diese blöden Radiosendungen hört. Ach, wieder ein Stau. Schon wieder ein Krieg. Schon wieder ein politischer Skandal. Und dann noch die tollen Hits aus den vergangenen Jahrzehnten. Aaaah! 140 Kilometer Fahrt pro Tag sind einfach zu viel. Und später in der Firma: Frank, Klaus, Heiner, Peter, Carsten haben eigentlich keine Namen. Sie sind die Kollegen „ach was weiß ich wie, oder so ähnlich“. Sie sind im Grunde gesichtslos. Nummern, bloße Funktionsträger in einer düsteren Arbeitswelt. Wo nur der blanke Busen der Kollegin am Kopierer oder der neu eingeführte Bierausschank in der Kantine den Arbeitsalltag erhellen.

Die Zuschauer durchleben mit Daniel einen ganz normalen Tag, der mit den unseren Tagen viele Berührungspunkte hat: Fluchtphantasien im Pendlerstau, Kantine, Post, Tagesplanung, Termin beim Chef, Mittagspause, Personalversammlung, Feierabend, zum Abschluss eine dumpfe Feier mit Suff, Schlagern und Stereotypen. Und die Beschreibung im Programmheft zu „Warteraum Zukunft“ übertreibt nicht.

Beim Zuschauer beschleunigt der Herzschlag, denn der Zuschauer sitzt mitten drin. Die Darsteller hinter ihm, vor ihm, über ihm. Eine mobile Kamera transportiert zusätzlich Bilder des Theaterstücks auf eine riesige Leinwand. Gefangen in Gestik und lautem Gebrüll sitzen die Zuschauer mit im Büro, in der Firma des Daniel Puttkamer. Versetzen will ihn sein Chef, nach Rumänien. Wo ist er hier nur gelandet, sicher war damals sein übermächtiger Vater daran schuld, das er so geworden ist, was er nun ist: ein total hyperventilierender, hysterischer, genervter und frustrierter Angestellter in einer geistig des Irrsinns entfesselten Unternehmenswelt. Daniel ist wütend – und hilflos.

Zu der gelungenen Inszenierung tragen nicht zuletzt auch die wunderbaren Darsteller-Kollegen des gespielten Daniel Puttkamer bei. Und die Statistin aus dem Publikum. Während der gesamten 75 Minuten Spielzeit läuft sie inmitten der Szenerie auf einem Laufband. Und fällt dann plötzlich völlig erschöpft auf den Boden. Regungslos. Tot? Bitte anschauen und mehr erfahren im „Warteraum Zukunft“, präsentiert vom Hessischen Landestheater Marburg. Sehenswert!