Windkraft in der Marbach – Die Fakten sprechen lassen

Zwei Windräder bei Wehrda gehören längst zum Landschaftsbild. Ob sich auch zwischen Marbach und Michelbach dieses bald verändert, ist derzeit fraglich – aber nicht unwahrscheinlich.  Foto: Daniel Grosse

Von Daniel Grosse

Was Hunde und Windkrafträder oder -anlagen gemeinsam haben? Sie polarisieren. Das war es dann aber schon mit den Gemeinsamkeiten. Ästhetik, Nutzen, Kosten, Ertrag, Tier- und Naturschutz sowie Standort sind Stichworte, die schon seit Jahrzehnten mit der Windenergie eng verzahnt sind. Derzeit überschwemmen über E-Mails, Blogs, Presseberichte und das Internet, im Allgemeinen, ständig Meldungen über den Windpark Görzhäuser Hof die Marbacher Leserschaft. Da ist die Rede von Petitionen, Plakataktionen und scheinbar vom Untergang des Abendlandes. Hinzu kommen die Kanäle der Gerüchteküche. Nun gilt es, sich nicht blind von Aktionismus vereinnahmen zu lassen, sondern den Fakten zu folgen.

Auf der Homepage eines regionalen Windenergieunternehmens ist zum Stichwort Windpark Görzhäuser Hof zu lesen, dass es beim Standort konkret um das so genannte Vorranggebiet 3128 nahe des Behring-Standorts Görzhäuser Hof gehe. Vier technische Anlagen, sprich Windkrafträder vom Typ Siemens SWT 3.15 mit einer Nennleistung von 3,15 MW und einer Nabenhöhe von 165 Metern sowie einem Rotordurchmesser von 142 Metern seien der Stand der Planung. Und laut der Michelbach-Homepage habe der potenzielle Investor erklärt, dass er nach Prüfung aller Bedenken vier Windräder mit einer Nabenhöhe von 165 Metern bauen möchte – mit einer Gesamthöhe mit Rotor von immerhin 236 Metern. Zum Vergleich: der Eiffelturm in Paris hat eine Gesamthöhe von 324 Metern. Das Windenergieunternehmen weiter: Seit 2013 habe es Gespräche mit dem Grundstückseigentümer und der Stadt Marburg gegeben. Zu einer Einigung mit dem Eigentümer sei es dann Ende 2016 gekommen. Bis Ostern solle ein Antrag auf eine so genannte BundesimmissionsSchutzgesetz-Genehmigung erfolgen.

Und eine weitere Informationsveranstaltung zu dem Projekt hat es in Michelbach mit dutzenden von Besuchern am 7. Februar gegeben. Marburgs Bürgermeister Dr. Franz Kahle und Stadtplaner Bernd Nützel waren demnach vor Ort. Wie das Windenergieunternehmen weiter mitteilt, sollen umfassende Informationen und Beteiligungen für die Bürger aller anliegenden Ortsteile im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung folgen. Sobald die Immissionsgutachten für den neuen Anlagentyp aktualisiert seien, werden diese öffentlich gemeint, lautet das Versprechen.

Die Oberhessische Presse will, das war Mitte Februar, herausgefunden haben, dass angeblich auf dem Bergkamm zwischen den Werksgebieten Marbach und Görzhausen ebenfalls einige Anlagen gebaut werden sollen. Mehrere private Grundstückseigentümer hätten schon Bereitschaft signalisiert, Verträge unterschrieben, um ihre Flächen einem sächsischen Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Aus Meißen.

Und siehe da, gegenüber dem Blog „Marbach direkt“ hatte bereits Anfang Februar 2016 die Sprecherin eines Unternehmens aus Meißen bestätigt, dass dieses prüfe, ob es dort – in besagtem Waldgebiet – möglich sei, Windenergieanlagen zu planen. „In diesem Zusammenhang führten wir erste Gespräche mit den Flächeneigentümern und haben Kontakt zur Gemeinde aufgebaut. Mit den Grundbesitzern möchten wir Nutzungsvereinbarungen schließen”, hieß es damals. „Wir sind dabei auf eine positive Stimmung gegenüber Windenergieerzeugung bei Michelbach gestoßen.” Basierend auf diesen Gesprächen gehe es nun in die Planung. Zu genauen Standorten, Anlagenzahlen oder -typen mochten sich die Windkraftanlagen-Bauer damals gegenüber „Marbach direkt“ jedoch noch nicht äußern. Und auch aktuell zitiert die Oberhessische Presse eine Unternehmenssprecherin mit den zurückhaltenden Worten: Das Projekt befinde sich noch in der Entwicklungsphase. Standortbedingungen und Naturschutzbelange werden überprüft.

Zurück zu den Hunden und den Windrädern. Beide Themen polarisieren immer. Viele Argumente sprechen dafür und dagegen. Aber da hatten die Menschen in Michelbach denen in der Marbach wohl trotzdem bislang etwas voraus: Wissen – das immerhin meinungsbildend ist. Zumindest, wenn es um mögliche Standorte und mögliche Planungen geht. Und dann kam doch noch Ende Februar das Thema auf den Tisch, sogar in der Marbach, während der jüngsten Ortsbeiratssitzung. Wie zu hören ist, allerdings nur ganz am Rande. Viel Substanzielles soll dort nicht zu erfahren gewesen sein.

Mehrere gigantische Windräder könnten sich in Zukunft inmitten eines Fadenkreuzes zwischen Michelbach, Marbach, Dagobertshausen und Wehrda drehen. Wann konkret, und ob, das hängt von weiteren Verhandlungen und Verfahren, von finanziellen und rechtlichen Fragen und eventuellen Bürgerbeteiligungen ab. Energie brauchen wir. Und zusätzlich auch Fledermaus- oder den Vogelschutz? Denn der wird massiv ins Feld geführt. Immerhin gebe es keinen einzigen Standort in Deutschland oder in anderen Ländern, an dem Windräder keinen immensen Schaden an Brut- und Zugvögeln sowie anderen Organismen anrichteten, ist in einer Einschätzung zum Thema zu lesen. Und der Schreiber geht noch weiter: „Als einzigen ungefährlichen Standort sehe ich den Mond an!“

Viele Interessen, viel Emotion, viele Sachfragen – die Windkraft wird für die Marbacher ein Thema bleiben, mit dem sich die Menschen hier auseinandersetzen werden müssen. Egal, ob sie dafür oder dagegen sind, dass sich Rotoren in ihrer Heimat drehen.

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