Tipper in der Grauzone – Verfassungsrichter verhandeln über Sportwetten-Monopol

Von Daniel Grosse

Kassel/Karlsruhe. Buchmacher mit festen Gewinnquoten haben es schwer. Sie hoffen auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die ihnen die Tür für einen deutschen Sportwetten-Markt mit Milliarden-Profiten öffnen könnte. Die Karlsruher Richter verhandeln heute eine Weg weisende Verfassungsbeschwerde. Sie wendet sich gegen das Verbot der Veranstaltung von Sportwetten zu festen Gewinnquoten (Az: 1 BvR 1054/01).

„Die Einsätze für Oddset, Pferdewetten und private Sportwetten betrugen 2004 rund drei Milliarden Euro – allein in Deutschland“, schätzt Dr. Hubertus Bardt vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Ein Kuchen, von dem viele etwas abhaben wollen. Um nämlich als Anbieter und Vermittler nicht in der rechtlichen Grauzone des Internet Wettbegeisterte zu einem Tipp verführen zu müssen, bleiben zwei Wege: der legale über Fußball- oder Eishockey-Wetten des Anbieters Oddset. Oder der Buchmacher macht sein Geld mit einer der vier Lizenzen aus DDR-Zeiten. Diese sind weiterhin gültig.

Das staatliche Sportwetten-Monopol bröckelt. Hinter dem Wettriesen Oddset steht mit dem Deutschen Toto- und Lottoblock als Anbieter der Staat. Federführend ist die staatliche Lotterieverwaltung des Freistaats Bayern. Sie argumentiert mit Spielsucht und sieht Gefahren. Im Gegensatz zu den gesetzlich nicht zugelassenen Wettanbietern, die naturgemäß auf eine Maximierung ihrer Umsätze und Gewinne aus seien, verfolge Oddset andere Interessen, sagt Oliver Frisch vom Referat Marketing und Sportwetten. „Das Wettangebot orientiert sich an rein sportlichen Gesichtspunkten sowie dem Schutz vor exzessivem Spielen und den damit verbundenen negativen Folgen für den Spieler und seine Familie.“

Um dem zu begegnen, setzen Anbieter wie das Internetportal Eurosportwetten.com auf Vorbeugung: „Von Spielsucht ist dann die Rede, wenn das Spielen-wollen zur Besessenheit wird, zum beherrschenden Drang“, steht dort. Tipps zur Selbstdiagnose und gesundem Tippen folgen.

Das zweite Argument der staatlichen Anbieter gegen ein Kippen des Sportwetten-Monopols: die Sportförderung. Paragraf 3 des Gesetzes über staatliche Sportwetten sieht vor: „Von den Spieleinsätzen der vom Land Hessen veranstalteten Sportwetten erhält der Landessportbund Hessen 3,75 Prozent.“

Eine Liberalisierung des Weltmarktes hätte fatale Folgen, befürchtet Rolf Hocke, Vizepräsident des Landessportbundes Hessen. „Die Einnahmen aus Lotto-Toto und Glücksspirale werden drastisch zurückgehen und damit die Förderung des Sports erheblich einschränken.“ Für die Vereine bedeute dies: weniger Geld für neue Sportstätten, Sportgeräte und Übungsleiter.

Wie die Karlsruher Richter auch entscheiden, Wirtschaftsexperte Bardt zählt auf den Gesetzgeber: „Der Verbraucherschutz muss gewährleistet sein.“

Quelle: Hessische-Niedersächsische Allgemeine (HNA), 8. November 2005

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