Knallrotes Nachdenksignal

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Ein Schild mit zwei Aussagen.   Foto: Daniel Grosse

Von Daniel Grosse

Mitten in der Marbach, Ecke Brunnenstraße/Am Engelsberg, klebt seit Monaten ein Aufkleber auf einem knallroten Stop-Schild: Tierversuche. Na und, denken manche. Andere überlegen vielleicht kurz. War da nicht etwas? Marburg-Marbach ist immerhin seit Jahrzehnten ein traditioneller Standort pharmazeutischer Unternehmen. Und die Pharmaindustrie gehört zweifellos zu einer Branche, die keinesfalls unumstritten ist. Trotz ihrer Verdienste um die Gesundheit der Menschen. Grund genug, sich vor allem als Marbacher mit dem Thema „Tierversuche“ auseinanderzusetzen.

Auch Autorin Anna Hohle hat das jüngst in ihrem Beitrag „Forschen ohne Tierversuche“ getan. In der Ausgabe 21/2015 der Online-Fachzeitschrift Pharmazeutische Zeitung steht im Vorspann: „Zellkulturen, Biochips, Computermodelle: Wissenschaftler haben sich in den vergangenen Jahren einiges einfallen lassen, um Medikamente und Chemikalien nicht länger an Tieren testen zu müssen. Trotzdem sind einige Forscher der Meinung, dass medizinischer Fortschritt ohne Tierversuche nicht möglich ist. Andere kritisieren diese Haltung: Ihnen zufolge wird jedes einzelne Versuchstier unnötig gequält.“

Die Autorin schreibt von 3 Millionen Tieren, die in Deutschland jedes Jahr für wissenschaftliche Versuche eingesetzt werden. Hauptsächlich Ratten und Mäuse, außerdem Kaninchen, Meerschweinchen, Vögel, Fische, sogar Hunde und Katzen, müssen nach wie vor als Testobjekte für Substanzen oder medizinische Eingriffe herhalten.

Dabei darf doch gemäß den Bestimmungen des Tierschutzgesetzes niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Dieses Verbot wird unter anderem von weiteren Regelungen des Tierschutzgesetzes sowie der Tierschutz-Versuchstierverordnung näher konkretisiert. Für die Durchführung des Gesetzes und der auf Grund des Gesetzes erlassenen Verordnungen seien die Behörden der Länder zuständig. Diese prüften in jedem Einzelfall die Zulässigkeit von Tierversuchen auf der Grundlage der Bestimmungen des Tierschutzrechts. Die zuständige Behörde erteile die Genehmigung nur dann, wenn alle Voraussetzungen gemäß dem Tierschutzrecht vorliegen und die einschlägigen Anforderungen erfüllt werden, hieß es jüngst in der Antwort der Bundesregierung auf eine so genannte „Kleine Anfrage“ der Abgeordneten Nicole Maisch, Kai Gehring und Harald Ebner sowie weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drucksache 18/4479).

Stopp! Erstaunlich, was ein doch so unscheinbarer Aufkleber auf einem Straßenschild bewirken kann. Zumindest ein Nachdenken. Und vielleicht weitere Recherchen.

Nachtrag: Ein Hersteller äußert sich auf seiner Internetseite zum Thema. Auch ist dort zu lesen: „Langfristig möchten wir ganz auf den Einsatz von Labortieren verzichten und erforschen daher Alternativen.“

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