Ortsvorsteher oder eher Ortsversteher? – Kommentar

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Kommentar von Daniel Grosse zur Sitzung des Marbacher Ortsbeirats.   Foto: privat

Wären wir im Wilden Westen, würden wir ihn Sheriff, Häuptling oder Marshall nennen. Sind wir aber nicht, deshalb heißt er hier schlicht Ortsvorsteher. Und die Marbacher haben seit Dienstag einen neuen: Jürgen Muth.

Von Daniel Grosse

Sechs mal Ja und drei mal Nein, entschieden die Mitglieder des Ortsbeirates während der jüngsten Sitzung im Anbau des Bürgerhauses. Dann stand fest, dass Jürgen Muth künftig der starke Mann an der Spitze dieses kommunalen Gremiums sein soll. Als Nachfolger von Dr. Ulrich Rausch, nach fast zwei Jahrzehnten, in denen dieser als Ortsvorsteher für die für den Ortsbeirat (drei Worte nachträglich ergänzt!) Marbach gearbeitet hat.

Ja, gearbeitet. Denn dieses Ehrenamt darf auch weiterhin kein Posten sein, auf dem man verwaltet. Dieses Amt bedeutet Arbeit. Und davon wartet nun eine Menge auf den neuen Mann an der Spitze. Immerhin ist er als Ortsvorsteher laut Hessischer Gemeindeordnung Vorsitzender des Ortsbeirats. Und der Ortsbeirat ist immerhin zu allen wichtigen Angelegenheiten, die den Ortsbezirk betreffen, zu hören, insbesondere zum Entwurf des Haushaltsplans. Er hat ein Vorschlagsrecht in allen Angelegenheiten, die den Ortsbezirk angehen.

Was das für Angelegenheiten sind, was auch für den Ortsvorsteher Themen sein müssten, können wir täglich sehen, wenn wir durch die Marbach gehen oder fahren. Wir hören von Themen, wie Bänken, die fehlen, erfahren von Plänen zu Marbacher Wiesen und Äckern, auf denen künftig vielleicht mehrere Hundert Menschen leben könnten, lesen von Hoffnungen vieler Eltern, die sich eine Kinder- und Jugendfaschingsfeier im Bürgerhaus wünschen, sehen vor unserem geistigen Auge Windräder, die sich am Himmel über der Marbach drehen, wundern uns über eine verkohlte Ortsmitte, und wir freuen uns über eine Bürgerhauswiese mit dreizehn Wildbienen im neuen Insektenhotel sowie einen Kräutergarten und engagierte Kräuterfrauen. Und das ist längst nicht alles.

Der Ortsvorsteher sollte also auch so etwas wie ein Ortsversteher sein. Er muss zuhören können, offen sein für Vorschläge. Kreativ darf er sein und durchsetzungsstark. Muss ausgleichen und abwägen können. Hat gleichfalls eine Bringschuld, sprich, der Ortsvorsteher sollte einschneidende oder Gewinn-bringende Entwicklungen und Pläne den Marbachern mitteilen.

Der vergangene Dienstag und die Wahl Jürgen Muths stellt auch eine Zäsur dar. Ende, Einschnitt, Neuanfang – alles nur Begriffe, die aber gleichfalls verdeutlichen, wie wichtig dieses Amt ist. Weil es dazu dient, dass die Belange der Marbacher berücksichtigt werden. Ortsbeirat und sein Chef sollen Mittler zu den städtischen Behörden sein – ein helfender Vermittler. Wie sich der neue Ortsbeirat mit seinem neuen Ortsvorsteher an der Spitze künftig für die Marbacher engagiert, seinem gesetzlichen und moralischen Auftrag gerecht wird, müssen die kommenden Monate zeigen. Eines ist klar: Auch weiterhin sollte der neue Häuptling selten verwalten, umso häufiger kreativ arbeiten. Ich jedenfalls wünsche ihm dafür die viel zitierte Glückliche Hand.

Weitere Punkte, die der Ortsbeirat am Dienstag diskutierte:

  • Mehrere Mehrfamilienhäuser sollen am Steilhang unterhalb des Höhenwegs entstehen. Nicht zuletzt aufgrund des Schwerlastverkehrs und der Busse sowie der vielen Autos, die täglich den Höhenweg befahren, wird ein hoher Druck auf Straße und Hang ausgeübt. Das sollte bei einem künftigen Bau der Häuser und sämtlichen Planungen unbedingt berücksichtigt werden, hieß es. Die Gefahr von Hangrutschungen sei einfach zu groß. Die Stadt ist aufgefordert, dem Ortsbeirat die Pläne zukommen zu lassen.
  • Scheinbar soll nun doch ein Windrad nahe des Sellhofs am Oberen Rotenberg errichtet werden, keines von gewaltiger Dimension, eher ein kleineres. Lesenswert zur Meinungsbildung ist der Beitrag Marburg auf dem Weg zur innovationsfreien Zone.
  • Näheres zu diesen Punkten lesen Sie in Kürze hier bei Marbach direkt.

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