Du süßes Ding, herzlichen Glückwunsch zum Siebzigsten!

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Drei Dreiecke sind wenig mehr als nichts.    Foto: Daniel Grosse

Obwohl der Sommer auch in der Marbach bislang noch arg verwaschen daherkommt. In Schwimmbädern, an Seen und in Pools ist einer trotzdem sehr präsent: der Bikini. Und heute wird er 70 Jahre alt. Glückwunsch!

Von Daniel Grosse

Und die Bademode dieses Jahr? Anders gefragt: Wie kleiden sich die Frauen 2016 im Wasser, im Jubläumsjahr des Bikinis? Fest steht: Der sexy Zweiteiler hat schon so manchen Eishersteller für atemberaubende Werbeplakate inspiriert. Und: Er hat den Sprung aus dem Kühlregal an den heißen Strand geschafft. Und dort präsentieren ihn Frauen auch heute noch. 70 Jahre nachdem der französische Bademodendesigner Louis Réard sein Model über einen Pariser Laufsteg schreiten ließ, bedeckt mit wenig mehr als nichts: dem Bikini.

Bikini stand bis zu diesem 5. Juli 1946 eher für Zerstörung und Tod. Vier Tage zuvor hatte ein US-amerikanischer B-29-Bomber über dem Bikini-Atoll in der Südsee die erste Atombombe abgeworfen. Die Militärs starteten über den Marshallinseln ihre langjährige Versuchsreihe. Das Wort Bikini war von nun an in den Köpfen der Menschen verankert.

Ebenso wie die Abwürfe, provozierte die neue Mode, die viel weibliche Haut zeigte. 1946 hoben die Sittenwächter jedoch nur mahnend die Finger – anders die Moralapostel im Deutschland der 30er-Jahre: Ein Erlass bestimmte: „Frauen dürfen öffentlich nur baden, falls sie einen Badeanzug tragen, der Brust und Leib an der Vorderseite des Oberkörpers vollständig bedeckt und unter den Armen fest anliegt sowie mit angeschnittenen Beinen und einem Zwickel versehen ist.“

Designer Réard hatte zwar auch 1946 noch immer die Moral gegen sich, die modischen und selbst bestimmten Frauen aber auf seiner Seite. Sie eroberten die Strände in den kommenden Jahrzehnten mit ihren bauchfreien Bikinis.

Mode und Musik verschmolzen, als Caterina Valente 1960 vom „Itsy Bitsy Teenie Weenie Honolulu-Strand-Bikini“ sang. Es war die Zeit der um die Hüften kreisenden Hula-Hoop-Reifen, der ungezwungenen, lustigen Variante des kultischen Tanzes hawaiianischer Eingeborener: dem Hula.

Und es war die Zeit der Fransen und des Twist für so manche junge Frau, die Anfang der 60er-Jahre im Bikini am Strand von Rimini den Sommer genoss. “Im Bikini fielst du noch auf”, lautete das Motto. Es war die Zeit, als Bräune schick wurde. Und die Chemie half dabei. Bräunungscreme war eine Revolution.

Auffallen wollten auch andere, zum Beispiel Ursula Andress als Muscheltaucherin Honey Ryder. Im cremefarbenen Baumwoll-Bikini entstieg sie 1962 dem Meer und faszinierte als Bond-Girl den gleichnamigen Agenten in dem Film „James Bond – 007 jagt Dr. No“. Der Kino-Klassiker gab den Startschuss für zig weitere Filme der Bond-Reihe. Dutzende Male noch sollte Gut gegen Böse kämpfen – und die Frauen sollten vor allem eines: dem Agenten gefallen, ihn sexy gekleidet verführen. Meist mit wenig auf der Haut. Halle Berry tat es wieder, wie damals die Andress. Auch Halle Berry entstieg dem Meer, nass, tropfend, bekleidet mit einem Bikini. Die Schauspielerin war das Bond-Girl in „Stirb an einem anderen Tag“.

Hollywood brachte den Textil-Zweiteiler in die Kinosäle. Modeschöpfer und Designer haben ihn immer wieder verändert. Sie verwendeten Materialien, die sich mit Lycra völlig anders der Haut anschmiegten als einfache Baumwolle. Das war im 20. Jahrhundert. Erfunden hat den Bikini als zweiteiliges Kleidungsstück aber vielleicht doch nicht erst der Designer Réard. Antike Wandmalereien aus dem 4. Jahrhundert nach Christus im sizilianischen Bergstädtchen Piazza Armerina zeigen römische Sportschönheiten mit wenig Stoff auf der Haut. Der eigentliche Beginn der freizügigen Bikini-Mode?

Fest steht: Ab den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts war in der Bademode alles möglich. Der Designer Rudi Gernreich stellte 1964 den busenfreien Einteiler Monokini vor. Mehr Haut zeigten Frauen in einem Nokini mit dem Bekenntnis vom Wenigen zum Nichts. Aus oben ohne wurde nackt. Modisch aktuell ist der Tankini, für die, die sich nicht entscheiden können, ob sie Bikini oder Badeanzug tragen sollen. Der Zweiteiler besteht aus einer Badehose und einem (Spaghetti-)Träger-Shirt. Mit dem Trikini lebt eine Spielart des Bikinis modisch wieder auf, die in den 60er-Jahren nicht mehr als ein Gag war. Bei dem Dreiteiler von damals war jede Brust einzeln von einem Teil ohne Bänder bedeckt. Das ging aber nur mit Klebstoff. Die alltagsuntaugliche Bademode überlebte deshalb nur als Motiv für die Modefotografie. Anders der Trikini neuerer Zeit. Er kombiniert Oberteil mit String und der knappen Hüfthose Hipster.

Und was ist der Trend im Bikini-Design? „Starke Farben, aber auch Schwarz und Weiß, asymmetrische und grafische Muster, ebenso abstrakte sind in. Auch Bikinis mit Perlen, Schnürchen und Fransen könnten wieder kommen“, prognostizierten Designer kurz vor dem 60. Geburtstag des Bikinis vor zehn Jahren.

Heute, 2016: In der aktuellen Werbung ist kein wirklicher Trend erkennbar. Scheinbar ist erlaubt, was gefällt. Stichworte sind klassischer Triangel-Bikini, Bandeau-Bikinis und Modelle mit Balconette-Oberteil sowie sportliche Bikinis mit High-Neck-Oberteilen, den Sport-BHs sehr ähnlich. Aber auch Bikinis mit Volants und Häkeldetails sind angesagt.

Um noch mehr bräunende Sonne an die Haut zu lassen, setzen Hersteller zusätzlich immer häufiger auf so genannte Tan Thru-Produkte aus blickdichter Microfaser. Schutz soll ein in die Badesachen integrierter Lichtschutzfaktor gewährleisten. Die Zukunft? Trotz des Trends zu High-Tech Materialien besetzt durchbräunende Bademode wohl eher eine Nische. Trotzdem könnten Baumwolle und Lycra in der Bikini-Mode wieder kommen. Ein Schritt zurück in die Zeiten von Bond-Girl Ursula Andress? Oder wählt Frau, was ihr gefällt, weil Funktion und Mode vielleicht gar nicht miteinander verknüpfbar sind? Wohl aber Eis und Bademode, kühler Genuss und heiße Bikinis. Eisherstellern sei Dank.

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