Archive for the ‘Arbeit und Beruf’ Category

Individuelle Kurzgeschichten für Kinder

Dienstag, Dezember 19th, 2017

Schreiben ist Handwerk. Und eine Kurzgeschichte bringt es auf den Punkt.   Foto: Daniel Grosse

Immer wieder die gleiche Situation beim abendlichen Zubettgehen. Sie möchten Ihrem Kind oder den Kindern etwas vorlesen, aber alle Bücher sind schon mehrmals dran gewesen, das Neue ist noch nicht im Haus, Ihre Kinder wollen Abwechslung – zum freien Erzählen haben Sie heute partout keine Lust. Jetzt können Sie punkten mit etwas, das Ihre Kinder noch nicht kennen: mit einer individuellen Kurzgeschichte, die genau das erzählt, was Ihr Kind mag. Ich schreibe diese Kurzgeschichten für Kinder zwischen 6 und 10 Jahre.

Die individuelle Kurzgeschichte für Ihr Kind:
– Schreiben Sie mir 5 Sätze zum Inhalt, die für die Geschichte wichtig sind
– Ich benötige das Alter Ihres Kindes
– Planen Sie zwei bis drei Wochen ein
– …und Sie bekommen eine Kurzgeschichte mit einer Länge von 10.000 Zeichen – zu einem Festpreis

Sprechen Sie mich einfach an. Oder schreiben Sie mir eine Mail an info (at) dgrosse.de
Weiteres können wir besprechen, und schon bald lesen Sie Ihrem Kind seine Geschichte vor. Liest ihr Kind selbst und kommt auf den Geschmack, möchte gar selber Geschichten schreiben, berate ich Sie gerne.

Warum Herr Holzmann keine E-Mails liest

Montag, März 13th, 2017

In diesem Blog soll es um Lokales, um Marbacher Themen, gehen. Manchmal müssen hier aber auch Beiträge erscheinen, die so gar nichts mit der Marbach zu tun haben, aber sich fast jeder Marbacher Leser angesprochen fühlen müsste. Und wir haben mit den Behringwerken und seinen international aktiven Unternehmen gleichzeitig immerhin tausende Mitarbeiter vor Ort. Die machen eben eines ständig: E-Mails lesen – oder eben nicht.

Deshalb ist es schon spannend, was Ernst Holzmann auf seinem Blog und in der Gruppe „Arbeit. Zeit. Leben.“ im Business-Netzwerk Xing damit meint, wenn er schreibt: „Übrigens: Ich lese keine emails!“

Für das Erscheinen des Beitrags auf Marbach direkt hat Holzmann sein Okay gegeben. Der Beitrag:

Ernst Holzmann: „Übrigens: Ich lese keine emails!“ Kaum hatte ich diesen Satz ausgesprochen, wurde es mucksmäuschenstill im Raum. In den Augen der Anwesenden sah ich ungläubiges Staunen, in manchen sogar fassungsloses Entsetzen. Am Ende meiner kurzen Vorstellung am ersten Arbeitstag bei meinem neuen Arbeitgeber.

Schon als ich am frühen Morgen weit vor den anderen eintraf, spürte ich, was los war. Schmale Flure, mit grauen, undurchsichtigen Türen als Zugang zu kleinen Büroräumen. Meine neue „Heimat“, mein Büro am Beginn des Flurs, mit einer starken Metalltür ausgestattet, offiziell nur durch ein entsprechendes Vorzimmer zu erreichen. Und dieses natürlich auch „bewacht“ durch eine entsprechende Dame, meine zukünftige Assistentin.

Bei den Vorstellungsgesprächen vor ein paar Wochen gab man mir zu verstehen, was meine Aufgabe beinhaltete. Den Geschäftsrückgang stoppen, neue Geschäftsfelder erschliessen und die Kundenzufriedenheit verbessern. Auch die Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen, Distributoren und Händlern schien im Argen zu liegen. Natürlich sollte auch die Produktivität meines neuen Bereiches deutlich gesteigert werden, die präsentierten Ergebnisse zur Mitarbeiterzufriedenheit liessen entsprechendes Potential erkennen. So wurde meine Aufgabe auch in einem internen Rundschreiben angekündigt und entsprechend war auch das erste Meeting mit meinem neuen, bunt gemischten Team. Junge Mitarbeiter/innen, gerade frisch nach dem Universitätsabschluss eingestellt, aber in der Mehrzahl „alte Hasen“, darunter auch drei Führungskräfte.

Die alle schon mit dem Schlimmsten gerechnet hatten, auch mit der direkten Aushändigung ihrer Kündigung. Aber dass jemand keine emails liest, das konnten sie sich wohl überhaupt nicht vorstellen. Ich wiederholte deswegen noch einmal meinen letzten Satz: Ja, ich lese keine emails, aber ich bin immer für sie zu erreichen. Tag und Nacht, sieben Tage die Woche. Wann immer sie mich brauchen, sprechen sie mich an. Kommen sie in mein Büro, die Türe steht ab sofort immer für sie offen. Apropos Türe: Die bisherige wird gegen eine Glastür ausgetauscht, der Investitionsantrag ist schon unterwegs. Genauso, wie der für den Austausch der anderen Bürotüren hier auf dem Flur. Wenn ich nicht im Büro bin und sie mich brauchen sollten, rufen sie mich einfach an, meine Handy-Nr. steht ja auf meiner Visitenkarte, die ich ihnen vorher gegeben habe.

Um zu unterstreichen, dass ich keine emails lesen konnte, holte ich meinen „Knochen“ aus der Tasche und hielt ihn stolz in die Höhe. Mein Nokia 6310, immer noch in Original-Ausführung, zwar mit ähnlichen Dellen wie sein Besitzer, aber immer noch genauso zuverlässig, unverwüstlich und Alltagstauglich, wie dieser. Jetzt war die Verblüffung komplett, jetzt hatte es auch der/die Allerletzte verstanden: Der Typ kann tatsächlich keine emails lesen, wie denn auch?

Gibt es noch Fragen, die wir besprechen und klären sollten? Nachdem es (wie erwartet) darauf keine Antwort gab, stellte ich den Fahrplan für die nächsten Tage vor. Ich möchte so schnell wie möglich unseren Markt und unsere wichtigsten Kunden kennenlernen. Damit wir keine Zeit verlieren, fangen wir gleich morgen damit an. Dazu bitte ich die Aussendienst-Mitarbeiter um Abstimmung, bei wem ich schon morgen mit zu Kundengesprächen fahren kann und wie wir das dann in Zukunft regeln. Wenn sie so weit sind, bitte einfach bei mir vorbeikommen, damit wir die entsprechenden Details regeln können.

Die nächsten Tage möchte ich dann auch mit jedem von ihnen in Ruhe besprechen, wie wir gemeinsam Erfolg haben können. Was aus ihrer Sicht besser gemacht werden kann, wo Potential brach liegt, welche Ideen von ihnen bisher nicht aufgegriffen wurden und was wir als Erstes anpacken sollten, um die größtmögliche Wirkung für unseren Umsatz und das Geschäftsergebnis zu erzielen. Ihre entsprechenden Ideen und Vorschläge diskutieren wir dann im Team und legen die davon abzuleitenden Massnahmen und Verantwortungen entsprechend fest. Jeden Freitag ab 13:00 Uhr bei einem gemeinsamen Mittagessen, welches wir auch zur Durchsprache der abgelaufenen und zur Vorbereitung der nächsten Woche nutzen werden. Bitte richten Sie ihren Terminkalender entsprechend ein, dies ist ein Pflichttermin und hat oberste Priorität.

Damit schloss ich das Meeting und ging in mein Büro, gespannt, was passieren würde, meine Assistentin begleitete mich. Kaum hatte ich auf meinem Stuhl Platz genommen, stand sie schon in der Tür und fragte, ob ich zwei Minuten Zeit für sie hätte. Natürlich, Frau Meier (nennen wir sie einfach für einen Moment so), was kann ich für sie tun? Wegen dem Meeting an jedem Freitag antwortete sie, wie soll das ablaufen? Bisher haben wir uns nur alle 3 Monate getroffen und das Protokoll zum letzten Treffen ist noch gar nicht abgestimmt und verteilt. Und wenn ich jetzt jede Woche das Meeting vorbereiten und das Protokoll führen soll, das ist schon eine zusätzliche Belastung. Da machen Sie sich mal keine Sorgen, Frau Meier, das kriegen wir schon hin, beruhigte ich sie. Wir fangen einfach bei „Null“ an, vergessen die letzten Protokolle, schreiben auch keines mehr und vertrauen einfach auf die Einhaltung der besprochenen Vereinbarungen. Schliesslich sind wir alle erwachsen, ein kleines Team, bei dem sich jeder auf den anderen verlassen kann und auch muss. Wir brauchen dann auch keine Zeit mit unnützen Abstimmprozeduren verschwenden, sondern können uns mehr um unsere Kunden kümmern.

Mit einem großen Fragezeichen auf der Stirn verliess mich meine Assistentin und ich begann mich in meinem Büro einzurichten. Eine gute Stunde später stand dann Herr Schulze* in der Tür, die ich vorsorglich aufgelassen hatte, den Umweg über das Vorzimmerbüro hatte er sich gleich gespart. Ich bin für das Reklamationsmanagement verantwortlich, so begann er seine Vorstellung. Und ich bräuchte ihre Entscheidung bezüglich der Gutschrift an die Firma Kleindienst*, es geht um knapp 50 Euro wegen einer verspäteten Lieferung. Wenn sie ein paar Minuten Zeit haben, dann kommen Sie doch herein und trinken eine Tasse Kaffee mit mir. So meine Antwort, mit der ich Herrn Schulze sichtlich in Verlegenheit brachte, der aber dann doch in mein Büro kam und sich mit durchgedrücktem Rücken auf die äusserste Ecke des Besucherstuhls setzte.

Wie soll ich den Vorgang eigentlich seriös bewerten, ich kenne den Inhalt und das Profil des Kunden doch nicht? Wie würden Sie denn entscheiden, wenn Sie auf meinem Stuhl sitzen würden? Fragend blickte ich Herrn Schulze an und war gespannt auf seine Antwort. Mit hochrotem Kopf begann er zu erklären: Ich würde ja die Gutschrift erteilen, weil sie von der Sache her vollkommen in Ordnung ist, von dem betreffenden Kunden leider halt nur drei Tage zu spät gestellt wurde. Nach den bei uns geltenden Vorschriften müsste ich diese jetzt ablehnen, beziehungsweise habe gar keine Entscheidungsvollmacht darüber. Die Fakten dazu und meine Stellungnahme zu diesem Fall habe ich vorbereitet und extra ausgedruckt, da sie ja keine emails lesen. Sie können mir ja dann ihre Entscheidung mitteilen. Mit dieser Abschlussbemerkung legte Herr Schulze den Vorgang auf den Tisch und wollte schon gehen.

Wissen Sie was, Herr Schulze, bleiben sie doch noch ein bisschen und erzählen sie mir etwas mehr über unsere Geschäft. Sie sind doch schon viele Jahre bei unserem Unternehmen, ein ausgewiesener Fachmann, haben jede Menge Erfahrung und kennen doch bestimmt unsere Kunden ganz genau. Mit dieser Bitte, die Tasse Kaffee war jetzt auch frisch eingeschenkt, brachte ich Herrn Schulze zum weiteren Bleiben. Warum sollte ich eine Entscheidung zu Sachverhalten treffen, von denen ich keine Ahnung habe? Und wie ist das denn so mit unseren Kunden und den Reklamationen, wie haben sich diese denn in den letzten Jahren entwickelt?

Da begann Herr Schulze zu erzählen und auf meine Fragen entsprechend zu antworten. Dass aus seiner Sicht viele unserer Produkte veraltet und nicht wettbewerbsfähig seien. Das Vertriebsgebiet für die einzelnen Verkäufer zu groß wäre und die Vorgaben aus seiner Sicht unrealistisch und nicht zu erreichen. Auch, dass nach seiner Beobachtung viel zu viele (gerade auch sehr große) Kunden verloren wurden, weil man bei Reklamationen zu wenig Kulanz gezeigt hatte, zu sehr die damit verbundenen Kosten scheute und sich nach dem Vertragsabschluss einfach nicht richtig um die Kunden kümmerte. Und dass jeder im Team sein „eigenes Ding“ durchzieht, ohne großartige gegenseitige Unterstützung. Hauptsache, man macht keine eigenen Fehler und man fällt nicht negativ auf.

Hmmm, da haben wir ja jede Menge zu tun, ich danke ihnen sehr für ihre Offenheit! So leitete ich meine Antwort an Herrn Schulze ein, der jetzt schon viel entspannter und bequemer auf seinem Stuhl sass. Und wissen Sie was, mit dem „Tun“ fangen wir gleich an. Ihr Entscheidungsspielraum für Gutschriften wird auf 100 Euro erhöht, ich vertraue Ihnen, Sie werden das schon richtig machen. Und damit wir unsere Beziehungen zu unseren wichtigsten Kunden verbessern, schlage ich vor, dass Sie einmal die Woche mit einem Kollegen des Aussendienstes unterwegs sind. Das können wir dann gleich bei unserem nächsten Team-Meeting am Freitag mit den Kollegen abstimmen, was halten Sie davon? Na ja, versuchen können wir es ja mal, den ein oder anderen Ansprechpartner beim Kunden würde ich wirklich gerne auch mal persönlich kennenlernen und nicht nur am Telefon oder über die elektronische Korrespondenz. Sagte Herr Schulze, nahm seine Unterlagen und verabschiedete sich. Nicht mehr verkrampft wie am Beginn unseres Gesprächs, sondern gelöst und sogar mit einem kleinen, zufriedenen Lächeln im Gesicht.

Ich machte mir noch einige Notizen für den Freitag, es gab wirklich viel zu besprechen und zu regeln. Dann schaltete ich den Computer ein, um endlich die email meines neuen Chefs zu beantworten. Schliesslich hatte er schon drei Mal bei meiner Assistentin angerufen, ob ich denn seine Nachricht nicht erhalten hätte…

Quelle: Ernst Holzmann auf seinem Blog und im Business-Netzwerk Xing

Neues aus der Kristallkugel – nicht nur für junge Juristinnen und Juristen

Mittwoch, Oktober 8th, 2014

Neues aus der Kristallkugel – nicht nur für junge Juristinnen und Juristen

Neues aus der Kristallkugel – soeben erschienen in: Der Wirtschaftsführer für junge Juristen – „Niemand weiß, wie ein Bäcker in 20 Jahren arbeiten wird. Gleiches gilt für den Rechtsmarkt. Auch Anwälte gestalten und beraten in Zukunft auf Feldern und in einer Weise, die heute noch niemand kennt. Aktuelle Entwicklungen lassen aber trotzdem erahnen, wohin die Reise bei juristischen Berufsbildern geht: Richtung…“
Seite 50-51

http://www.boorberg.de/sixcms/media.php/605/wifue-1-2015.pdf
Seite 50-51

Geheimes Treffen cryptoparty – Ein unverschlüsseltes Interview

Donnerstag, September 25th, 2014

Wo Menschen radikale Ideen einander mitteilen, sind schnell interessierte Lauscher dabei. Damit die es zunehmend schwerer haben, das geschriebene Wort online mitzulesen, gibt es Verschlüsselungen für E-Mails – und verschlüsselte Chats. In einem, dem Cryptocat, traf ich kürzlich Ignatius, der im wahren Leben anders heißt. Auf einer cryptoparty will Ignatius nun sein Wissen über die Welt des Verschlüsselns an Workshop-Teilnehmer weitergeben. Darunter auch Aktivisten und politisch Aktive.

Journalist: Guten Abend, Ignatius, schon im Chat?
Ignatius: Hi, da bin ich.

Journalist: Prima, legen wir los. Warum unterhalten wir uns hier so geheim?
Ignatius: Naja, ich dachte, dass das sicher angemessen ist, wenn wir uns schon über eine cryptoparty unterhalten. So lernst du gleich ein einfaches Medium kennen, über das es mit denkbar geringem Aufwand (und auch für unerfahrene Benutzer_Innen) möglich ist, verschlüsselt zu kommunizieren.

Journalist: Ok, das war schon die Eingangsfrage. Weiter, Stichwort cryptoparty. Weshalb sollten Aktivisten und politisch Aktive verschlüsselt digital unterwegs sein?
Ignatius: Wer Politik machen will und dabei nicht nur auf Reförmchen drängt, sondern grundlegende Kritik an unserer Gesellschaft äußert, ist oft Überwachung ausgesetzt. Gerade, wenn es um die Planung von politischen Aktionen geht, interessieren sich Polizei und Staatsschutz oft für die Kommunikation von Aktivist_Innen. Da reicht es schon, wenn ziviler Ungehorsam Teil einer Aktion ist. Oft werden aber auch Aktionen kriminalisiert, die per se nicht illegal sind, oder es wird versucht, eine Szene auszukundschaften. Deshalb ist es oft wichtig, sicher kommunizieren zu können und zu wissen, dass privat bleibt, was nicht für Dritte bestimmt ist.

Journalist: Nachvollziehbar. Und für die Leser nochmal als kurze Erklärung: Ihr organisiert in Rheinland-Pfalz eine Cryptoparty, bei der auch das Verschlüsseln von Nachrichten ein Thema ist. Und das Wissen, wie verschlüsselte Chats funktionieren. Richtig?
Ignatius: Ja. Bei unser cryptoparty wollen wir versuchen, praxisorientiert den Besucher_Innen beizubringen, wie sie ihre E-Mails verschlüsseln können, wie sie sicher Dateien lagern und austauschen können, und wie sie verschlüsselt chatten. Unsere cryptoparty findet in Rheinland-Pfalz statt, aber wir richten uns primär an Menschen in Mainz – sonst wären das einfach zu viele Leute.

Journalist: Wenn jetzt jemand mehr darüber wissen möchte, als eventueller Teilnehmer, wie kann er denn Kontakt zu euch aufnehmen, wenn es keinen offiziellen Kontakt gibt?
Ignatius: Darüber haben wir uns offengestanden keine Gedanken gemacht, weil wir die Notwendigkeit nicht gesehen haben. Diese cryptoparty findet ja erstmal nur in Mainz mit einem kleinen Publikum statt. Da wir selbst in Mainz politisch aktiv sind, sind wir ohnehin mit so gut wie allen Menschen vernetzt, die sich für den Workshop interessieren könnten.

Journalist: Ok. Anderes Thema: Du schreibst, es werde versucht, eine Szene auszukundschaften, in vielen Fällen. Wer sollte denn nichts davon mitbekommen, was Aktivisten mailen?
Ignatius: Allgemein sind es Polizei und Verfassungsschutz, die oftmals versuchen, linke Projekte und linke Szenen auszuspionieren, auch wenn diese gar nicht konkret in illegale Aktivitäten verwickelt sind. Ein bekanntes Beispiel ist der Verdeckte Ermittler Simon Brommer, der vor einigen Jahren ohne jegliche gesetzliche Grundlage versuchte, die linke studentische Szene in Heidelberg auszuspionieren. über die NSA machen wir uns jetzt weniger Gedanken, auch wenn die bekanntermaßen quasi überall mitliest. Ich habe aber auch als Administrator der Webseite eines besetzten Hauses in Mainz vor zwei Jahren beobachten können, wie diese Webseite selbst, aber auch der Twitter- und der Facebook-Account dieses Projekts überwacht wurden. Wir können nicht ausschließen, dass Polizei oder Verfassungsschutz auch die Computer oder die Mailboxen von einzelnen Aktivist_Innen überwachen.

Journalist: Das klingt jetzt alles doch sehr radikal. Wer wird denn zu eurer cryptoparty kommen? Das werden doch sicher auch „harmlose“ Studierende sein, oder?
Ignatius: Ich glaube, diese Unterscheidung zwischen „radikal“ und „nicht radikal“ will ich nicht mitgehen. Wer als radikal bezeichnet wird, und wer nicht, liegt meistens nicht in der Definitionsmacht der Betroffenen. Als zu radikal gilt manchen schon die Feststellung, dass die Existenz von Alltagsrassismus ein Fakt ist, und antifaschistische Projekte mussten in der Vergangenheit eine „Demokratieerklärung“ unterzeichnen, wenn sie Fördermittel erhalten wollten. Radikal sind unsere Besucher_Innen wohl fast alle, insofern sie eine ungerechte Gesellschaft nicht einfach hinnehmen, sondern verändern wollen. Harmlos sind wohl ebenso fast alle. Das Problem ist ja gerade, dass poltische Aktivist_Innen bisweilen überwacht werden, ganz unabhängig davon, ob sie nun im Rahmen ihrer Aktivitäten den Rahmen der Gesetze verlassen oder nicht. Recht auf den Schutz unser Privatsphäre haben wir dennoch alle.

Journalist: Radikal heißt dann im Grunde also, die Ziele konsequent zu verfolgen. Diese Ziele wollen die Teilnehmer im Verborgenen diskutieren, online, und dafür auch das Verschlüsseln. Das Recht auf Privatsphäre könnt ihr so wirksam einfordern?
Ignatius: Der Radikalitätsbegriff wird vor allem oft als Schlagwort benutzt, um unbequeme politische Aktivitäten als gesellschaftsfeindlich zu stempeln und ist fast nie eine Selbstbezeichnung der damit benannten Menschen. Ich denke, so sollte „radikal“ verstanden werden. Mag aber sein, dass auch einige Menschen den Begriff auf sich selbst anwenden, um damit die Kompromisslosigkeit ihrer Einstellung zu kennzeichnen. Die Verschlüsselung dient den Teilnehmer_Innen des Workshops nun einerseits dazu, die Planung von politischen Aktivitäten geheim zu halten, beispielsweise wenn sie wie bei einer Straßenblockade im Rahmen einer Demonstration nicht mehr legal sind (was nicht heißt, dass sie nicht legitim oder angemessen sein könnten, schließlich kommt bei einer Straßenblockade niemand zu schaden). Andererseits betrifft die Überwachung von Kommunikation ja auch oft das, was eigentlich gar nichts mit politischen Aktivitäten zu tun hat, in der Intimsphäre der Betroffenen liegt und niemensch außer ihre Kommunikationspartner_Innen etwas angeht. Da geht es dann um die Privatsphäre.

Journalist: Traurig oder schlimm genug, dass überhaupt überwacht wird. Aber dann können wir doch sämtliche unverschlüsselte Mail- und Chatprogramme in die Tonne hauen. Denn Privatsphäre bieten sie ja offenkundig keine. Abhören beziehungsweise Mitlesen ist bei herkömmlichen Programmen mit einigem technischem Wissen immer möglich. Ignatius, was hältst du von diesem Fazit?: Egal ob radikal oder nicht, wer sein Recht auf Privatsphäre wahrnehmen möchte, muss verschlüsseln, wenn es online geht. Oder sich im Real Life im Verborgenen treffen.
Ignatius: Ok, das ist doch ein ganz brauchbares Resumée. Danke für das Interview!

Journalist: Danke dir auch. Und danke für die Demonstration von Cryptocat.

Sprache der Ingenieure: Ein Lunker macht nichts Unanständiges

Dienstag, Juli 22nd, 2014

Sprache der Ingenieure: Ein Lunker macht nichts Unanständiges
Warum es sich lohnt, auch als Ingenieur Schwieriges einfach herunterzubrechen.

von Daniel Grosse

Ein Lunker macht nichts Unanständiges. Er schließt lediglich die Luft ein, ist ein Lufteinschluss im Material. Und warum schreiben oder sagen das dann die wenigsten so? Weil Lunker ein Fachbegriff ist. Unter Fachleuten, Ingenieuren, Technikern mit gleichem Wissenshintergrund, mag das legitim sein, einen Lunker einen Lunker zu nennen – aber nichtsahnenden Dritten gegenüber ist es unanständig. Anders verhält es sich mit Lokomotive, Motor, Turbine, Maschine, Radio oder Elektrizität. „Wir nennen solche Wörter, die in allen Sprachen, welche sie übernommen haben, gleich oder ähnlich lauten, Internationalismen,“ schreiben die Autoren im 1960 erschienenen Werk „Die deutsche Sprache“. In der Deutschen Demokratischen Republik wurde es eingesetzt als Lehr- und Übungsbuch für Ingenieurschulen, Fachschulen und in der Erwachsenenbildung. Die Internationalismen heißen eben so, und jeder versteht’s.

Aber bestimmte Fachausdrücke muss man erklären. Oder zumindest Leser gleich mit in die bizarre Welt der Technik-Denkenden nehmen. So wie Philipp Reipschläger mit seiner Internetseite ingenieur-kultur.de. Dort sammelt er allerlei Kurioses aus der Schrift- und Sprechsprache in der Welt der Ingenieure. Die Aussage etwa „Wir verfolgen eine Anzahl verschiedener Lösungsansätze“ übersetzt Reipschläger mit „Wir stochern immer noch im Dunkeln“. Die Beispiele der Ingenieur-Terminologie auf ingenieur-kultur.de sind als Übersetzungen natürlich überzogen, aber es gibt im wahren Leben sicher Situationen, wo es in diese Richtungen geht.

Ein Techniker oder Ingenieur steht vor neuen Herausforderungen. Er soll sich verständlich ausdrücken. Er soll nicht mehr wie ein Technokrat auftreten. Er soll ein Produkt erklären können – nicht nur im Falle von Bedienungsanleitungen oder technischen Dokumentationen. Aber wie schafft er das? Ein Weg ist, die Sprache in den Unternehmen zu kontrollieren. Dazu dienen Verständlichkeitsregeln, sie schaffen Klarheit. Mitarbeiter können an Schulungen teilnehmen. Schließlich müssen sie wissen, warum sie verständlich kommunizieren sollen und natürlich, wie sie dies erreichen können. So genannte style guides, gar eine Controlled Corporate Language, gibt es inzwischen immer häufiger in Unternehmen – auch zu dem Zweck, dass deren Ingenieure besser mit anderen Abteilungen und Kunden kommunizieren können. Auch damit sich keiner mehr vor einem Lunker fürchten muss. Denn schließlich schließt der ja nur Luft ein. Und das kann man doch so auch sagen.

Daniel ist wütend – Büroalltag in der Firma – Sehenswert im Theater

Freitag, März 21st, 2014

„Warteraum Zukunft“ – eine Kritik von Daniel Grosse

Daniel ist wütend. Der mittel-gescheitelte, gefrustete Ingenieur Daniel Puttkamer sitzt im Warteraum Zukunft, einem Theaterstück von Oliver Kluck. Daniel brüllt, marschiert über Tische und Stühle, schimpft, spritzt Wasser über die Zuschauer. In seiner Erregung kann er kaum den Becher halten. Alles nervt ihn. Sein Job, der schon morgens beginnt, wenn er im Auto sitzt und diese blöden Radiosendungen hört. Ach, wieder ein Stau. Schon wieder ein Krieg. Schon wieder ein politischer Skandal. Und dann noch die tollen Hits aus den vergangenen Jahrzehnten. Aaaah! 140 Kilometer Fahrt pro Tag sind einfach zu viel. Und später in der Firma: Frank, Klaus, Heiner, Peter, Carsten haben eigentlich keine Namen. Sie sind die Kollegen „ach was weiß ich wie, oder so ähnlich“. Sie sind im Grunde gesichtslos. Nummern, bloße Funktionsträger in einer düsteren Arbeitswelt. Wo nur der blanke Busen der Kollegin am Kopierer oder der neu eingeführte Bierausschank in der Kantine den Arbeitsalltag erhellen.

Die Zuschauer durchleben mit Daniel einen ganz normalen Tag, der mit den unseren Tagen viele Berührungspunkte hat: Fluchtphantasien im Pendlerstau, Kantine, Post, Tagesplanung, Termin beim Chef, Mittagspause, Personalversammlung, Feierabend, zum Abschluss eine dumpfe Feier mit Suff, Schlagern und Stereotypen. Und die Beschreibung im Programmheft zu „Warteraum Zukunft“ übertreibt nicht.

Beim Zuschauer beschleunigt der Herzschlag, denn der Zuschauer sitzt mitten drin. Die Darsteller hinter ihm, vor ihm, über ihm. Eine mobile Kamera transportiert zusätzlich Bilder des Theaterstücks auf eine riesige Leinwand. Gefangen in Gestik und lautem Gebrüll sitzen die Zuschauer mit im Büro, in der Firma des Daniel Puttkamer. Versetzen will ihn sein Chef, nach Rumänien. Wo ist er hier nur gelandet, sicher war damals sein übermächtiger Vater daran schuld, das er so geworden ist, was er nun ist: ein total hyperventilierender, hysterischer, genervter und frustrierter Angestellter in einer geistig des Irrsinns entfesselten Unternehmenswelt. Daniel ist wütend – und hilflos.

Zu der gelungenen Inszenierung tragen nicht zuletzt auch die wunderbaren Darsteller-Kollegen des gespielten Daniel Puttkamer bei. Und die Statistin aus dem Publikum. Während der gesamten 75 Minuten Spielzeit läuft sie inmitten der Szenerie auf einem Laufband. Und fällt dann plötzlich völlig erschöpft auf den Boden. Regungslos. Tot? Bitte anschauen und mehr erfahren im „Warteraum Zukunft“, präsentiert vom Hessischen Landestheater Marburg. Sehenswert!

Hauptsache verständlich – Barrierefreiheit im Internet öffnet Türen

Freitag, Februar 14th, 2014

Barrierefreie Internetseiten und Texte kann jeder schnell erfassen. Alle Leser, egal ob sehend, blind oder sehbehindert. Was das ganze mit Google, verschachtelten Nebensätzen, Schriftsprache, HTML und dem roten Faden zu tun hat?

Wie Schriftsprache aussehen sollte, damit auch Menschen mit Behinderung sie auf Internetseiten verständlich wahrnehmen können, erklärt Jan Eric Hellbusch, Autor und Berater für barrierefreies Webdesign.

Unterscheidet sich geschriebene Sprache auf barrierefreien Internetseiten von der Sprache auf herkömmlichen Seiten?

Jan Eric Hellbusch: Das sollte sie nicht, denn eine barrierefreie Sprache ist eine verständliche Sprache. Natürlich gibt es Fachtexte und andere komplexe Dokumente, die ihrem Wesen nach abstrakt oder nicht für jeden verständlich sind. Solche Texte sind aber meist nicht speziell für das Web geschrieben. Wer für das Web schreibt, schreibt kurz und prägnant, verwendet einfachere Formulierungen und achtet auf eine gute Gliederung der Texte.

Was ist noch wichtig?

Hellbusch: In Sachen Barrierefreiheit dürfen Menschen mit Lernschwierigkeiten nicht vernachlässigt werden. Hierzu gibt es besondere Anforderungen an die Verständlichkeit, etwa die Bereitstellung von Glossaren für schwierige Wörter oder die Anreicherung von Texten mit ausdrucksvollen Symbolen. Solche Aspekte betreffen aber eher Konzept und Gestaltung eines Webauftritts. Wie für alle Leser kommt es auch bei Menschen mit Lernschwierigkeiten auf eine gute Verständlichkeit der Texte selbst an.

Welche Struktur sollten Texte denn haben?

Hellbusch: Die Struktur von Texten ist ein wichtiger Aspekt der Gliederung. Es geht dabei um die Verwendung von Überschriften und Zwischenüberschriften genauso wie die Verwendung von kurzen Absätzen oder von Listen für Aufzählungen. Diese Strukturmerkmale eines Textes helfen dem Leser wesentlich bei der Bildung eines Textmodells. Gerade im Web sollte aber auch mit Übersichten gearbeitet werden. Vorangestellte Vorstrukturierungen eines Textes helfen genauso bei der Textmodellbildung wie abschließende Zusammenfassungen.

Und was meinen Sie mit „einfachen Formulierungen“?

Hellbusch: Ich möchte mit einer Gegenfrage antworten: Sind alle Begriffe in Ihrem Text auch solche, die eine beliebige Nutzerin oder ein beliebiger Nutzer bei Google eintippen würden? Das Web ist kein spezialisiertes Forum, wo sich nur Fachleute einfinden. Wer Inhalte ins Web stellt, so nehme ich an, will auch gefunden werden. Deswegen sind geläufige Begriffe ein wichtiges Kriterium für barrierefreie Texte. Der Assoziationswert von bekannten Wörtern ist höher als bei unbekannten Wörtern und deswegen leichter zu verstehen; meist sind kurze Wörter auch bekannte Wörter. Gleiches gilt auch für konkrete Begriffe, wobei die Unterscheidung zwischen „konkret“ und „abstrakt“ nur schwer festgelegt werden kann. Es sieht beim Satzbau ähnlich aus: Viele Menschen möchten Inhalte überfliegen, wesentliche Aussagen erfassen und danach zum nächsten Text fliegen. Lange Sätze, viele verschachtelte Nebensätze und ein fehlender roter Faden fordern höhere Konzentration und führen dazu, dass Texte nicht zu Ende gelesen oder gar nicht richtig verstanden werden. Deshalb lautet die Devise, Sätze kurz zu halten und möglichst nur einen Gedanken pro Satz zu verfolgen.

Wann überfordern Webtexte vor allem Blinde und Sehbehinderte?

Hellbusch: Diese sind zwei sehr unterschiedliche Nutzergruppen. Blinde verwenden eine Sprachausgabe oder eine Braille-Zeile um Inhalte zu lesen und den Computer zu bedienen. Sehbehinderte arbeiten hingegen am Bildschirm und verwenden dabei Vergrößerungssysteme oder verändern die Bildschirmeinstellungen, je nach ihren individuellen Anforderungen. Gerade in der Sprachausgabe können Texte mit vielen Abkürzungen und/oder Fremdwörtern zu einem Problem werden, denn diese werden so von der Sprachausgabe gelesen, wie sie auf dem Bildschirm stehen. Es ist deshalb wichtig, dass solche Textteile entsprechend mit den dafür vorgesehenen HTML-Elementen ausgezeichnet werden. Überhaupt spielt HTML für blinde Nutzerinnen und Nutzer eine wichtige Rolle.

Warum?

Hellbusch: Die Technik zur Auszeichnung von Überschriften, Absätzen, Listen oder Tabellen ist essentiell für die Erfassung von Texten im Web. Großer fetter Text wird erst dann als Überschrift erkannt, wenn er tatsächlich mit einem HTML-Überschriftenelement ausgezeichnet wird. Solche Aspekte haben weniger mit dem Schreiben selbst, sondern mehr mit der Standardkonformität des Internetauftritts zu tun. Für Sehbehinderte liegen die Probleme oft im gestalterischen Bereich. Durch den Einsatz von Vergrößerungssystemen ist oft nur ein kleiner Teil des Bildschirms sichtbar. Wenn die Gestaltung der Internetseiten horizontales Scrollen erzwingt, dann ist flüssiges Lesen kaum noch möglich.

So etwas wie ein Fazit?

Hellbusch: Insgesamt gilt für Sehbehinderte wie für Blinde und für viele andere Nutzerinnen und Nutzer, dass kurze Absätze und eine gute Gliederung mit Überschriften und anderen Elementen die Lesbarkeit fördern. Das, was technisch für eine Sprachausgabe erforderlich ist, ist für das Lesen am Bildschirm ebenso förderlich.

Interview: Daniel Grosse

Smartphones lösen Zigaretten ab – Arbeitgeber erkennen und nutzen diesen Trend

Dienstag, Januar 14th, 2014

Smartphones lösen Zigaretten ab – Arbeitgeber erkennen und nutzen diesen Trend

von Daniel Grosse

(Marburg, dg) Smartphones lösen Zigaretten ab – Untersuchungen haben gezeigt, dass fünf von zehn Mitarbeitern, die in Büros arbeiten, regelmäßig während der Arbeitszeit ihr Smartphone nutzen – darunter auch Ex-Raucher. Sie tun dies am Arbeitsplatz, häufig in vermeintlich unbeobachteten Momenten.

Während früher die Raucherpause zu häufigen Unterbrechungen geführt hatte, blockiert jetzt die Smartphone-Pause. Diesen Trend haben Arbeitgeber nun erkannt und nutzen ihn: zur Imagepflege. Sie starten Kampagnen, in denen sie damit werben, wie gesund es doch ist, statt zur Zigarette zum Smartphone zu greifen.
Arbeitsausfall als mögliche Nebenwirkung, ständige geistige Entgleisung, Unkonzentriertheit und ähnliches seien zu vernachlässigende Faktoren, heißt es. Der Vorteil, dass ihre Mitarbeiter die Kollegen und sich selbst mit Zigarettenqualm gesundheitlich nicht mehr schädigen, sei nämlich nicht zu unterschätzen. Zudem werden die Smartphone-Pausen alleine verbracht, nicht mehr wie früher in Gruppen mehrerer Raucher.

Spezielle Ladestationen – mit Münzautomaten gekoppelt – in den Büros erleichtern das Laden der Geräteakkus. Das so eingenommene Geld spenden die Firmenchefs gemeinnützigen Organisationen, die Selbsthilfegruppen für SMS (Smartphone Multiple Sourcer) organisieren. Diese süchtigen SMS beziehen ihre Geräte von verschiedenen Herstellern und tragen sie stets bei sich. Das Ziel: die Versorgungssicherheit beim Punkt Kommunikation. – Realität oder Fiktion? Eine Glosse!

Perfekte Bewerbungsmappe gibt es nicht – Auch Kreativität und Struktur entscheiden

Montag, Januar 13th, 2014

Die Bewerbungsmappe: Pappe oder Plastik, grell oder grau?

von Daniel Grosse

Das Motto „Kleider machen Leute“ gilt im Bewerbungsmarathon auch für die Präsentation von Anschreiben, Lebenslauf und Zeugnissen. Aber ist die Auswahl der Mappe gar eine Kunst? Der Markt bietet funktional aufgeteilte Kartonmappen mit mehreren Klemmschienen und Einschüben. Auch der Schnellhefter ist noch zu haben. Mit der Verpackung von Lebenslauf und Co. sagen Bewerber allerdings einiges über sich aus. Und die Vorlieben der künftigen Arbeitgeber sollten sie kennen. Einige Tipps:

Gibt es die ideale Bewerbungsmappe?
Nein, die richtige Verpackung der Unterlagen ist abhängig von der Position, auf die man sich bewirbt. Unterhalb von einem Abteilungsleiterposten reiche auch eine ordentliche Kunststoffmappe aus, ist von Experten zu hören. Denn: Bei einem Berufsanfänger oder Praktikanten wirkt eine teure und voluminöse Präsentation übertrieben und aufgebläht. Die Lösung: eine einfache Kunststoff-Clipmappe oder eine schlichte Kartonmappe mit einer Schiene.

Was raten Personalleiter?
Man stelle sich die Situation in der Praxis vor: Auf eine ausgeschriebene Stelle gehen 130 Bewerbungen ein. Es herrscht Zeitdruck. Da sucht die Personalabteilung nach Inhalten und entscheidet nicht nach der Form. Eine klare, einheitliche Linie ist bei Bewerbungsratgebern und Personalleitern selten zu erkennen, allerdings haben inzwischen viele Firmen auf ihren Internetseiten Bewerbungsratgeber eingestellt, in denen sie Tipps zur Präsentation geben. Sind hier Vorgaben zur Mappen- oder Materialwahl aufgeführt, sollte man diese natürlich beachten. Und ohne Vorgaben? Dann sind Bewerber in ihrer Entscheidung frei und sollten das Material verwenden, mit dem sie sich am wohlsten fühlen.

Was bietet der Markt – oder die Qual der Wahl?
Der Markt bietet neben ausgefeilten Kunststoffvarianten inzwischen die Karton-Edelmappe in Nadelstreifen-Design, Metallic-Look, Modelle in Saphir oder Bronze, auch Aufteilungsvarianten werden vielfältiger. Das hat allerdings den Vorteil, dass man sich individuell präsentieren und Mappenqualität, Farbe und Aufteilung so wählen kann, wie es der Strategie und dem eigenen Geschmack am besten entspricht. Kosten bereits jetzt einige Modelle zweistellige Eurobeträge, könnte der Preiskampf in der Oberklasse Mappendesigner gar zu Modellen mit Velours- oder Wildlederoberfläche oder zu noch wilderen, augefalleneren Modellen inspirieren.

Wie wirkt sich die Wahl einer bestimmten Farbe aus?
Die Farbe der Mappe sollte zum Bewerbungsfoto passen, lautet ein Ratschlag. Nicht zu knallig sollte die Mappenfarbe sein, auch goldene Lettern wirken unpassend, lautet ein anderer Tipp. Ein gewisses Understatement sollten Bewerber mit ihrer Mappe zum Ausdruck bringen. Beispiele: Kandidaten für einen Bank-Posten wählen nicht etwa Schwarz oder Knallgelb sondern eine gedeckte Farbe wie Dunkelblau. Und erst recht bei Positionen ab einem Jahresgehalt von 100.000 Euro steckt die Mappe nicht in einem Fensterumschlag; handschriftlich mit einem guten Füller kommt die Adresse gediegener daher. Für manchen Mappen- und Bewerbungsexperten ist Dunkelblau eine „Sicherheitsfarbe, mit der man kaum etwas falsch machen kann“. Mit Schwarz assoziierten die einen Trauer, die anderen Eleganz. Grau werde häufig als langweilig angesehen, andererseits sei es ein neutraler Präsentationshintergrund, der sich mit allem kombinieren lasse. Merke: Je weiter man sich von der Sicherheitsfarbe entfernt, desto größer ist das Risiko, falsch zu liegen. Andererseits: Ohne dieses Risiko fällt man auch nicht auf.

Und was ist mit der selbst gebastelten Mappe?
Eine denkbare Variante. Anleitungen gibt es im Internet. Aber Vorsicht vor zu viel Kreativität, zum Beispiel das Logo des Wunsch-Arbeitgebers darauf zu drucken. Das kann zu aufdringlich wirken. Denn Bewerber sollten bedenken: Noch bin ich da noch nicht! Von eigenen Mappenentwürfen ist nicht grundsätzlich abzuraten, so lange die Mappe nicht „wie selbst gebastelt aussieht“.

Ist die klassische Bewerbungsmappe ein Auslaufmodell?
Immer mehr Unternehmen bieten Bewerbern an, ihre Unterlagen alternativ per E-Mail zu schicken. Wenn das so in der Stellenanzeige drin steht, dann auch daran halten, lautet die Faustregel. Anhänge wie Lebenslauf mit Foto, Zeugnisse oder Arbeitsproben werden im pdf-Format verschickt. Auch eine eigene Bewerbungshomepage mit hinterlegten Dokumenten, an die interessierte Arbeitgeber nur mit einem Passwort gelangen, ist eine Alternative zur klassischen Bewerbungsmappe. Egal, ob digital oder klassisch: Mit einer steigenden Bewerber- und Bewerbungsqualität steigt auch die Erwartungshaltung des Unternehmens. In jedem Falle sollte eine Bewerbung sauber durchstrukturiert und originelle Einfälle sollten gut überdacht sein. Dahinter steht der pragmatische Gedanke, dass Personaler wohl selten Papieringenieure oder Faltkünstler sind. Sie möchten nicht umständlich viel aufklappen, herausnehmen und wieder einsortieren, sondern wollen alles gleich finden.

Sprache der Juristen – Ein Interview mit Rechtsanwalt Wolfgang Sturm – von Daniel Grosse

Mittwoch, Oktober 2nd, 2013

Interview mit Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Sturm aus Bad Salzuflen:

Herr Sturm, in Ihrem Blog lese ich zum Thema „Sprache der Juristen“ unter anderem: „…..Verständlichkeit und Genauigkeit schließen sich also nicht aus. …. Ein Wirrkopf wird nicht nur wirr denken, er wird auch so schreiben. Als Anwalt kann man das jeden Tag beobachten, wenn man Schriftsätze liest, bei denen man sich fragt, wie der Verfasser zwei Staatsexamen bestehen konnte. ….“ Haben Sie zwei, drei Beispiele für Formulierungen, die Mandanten eher verwirren oder abschrecken als informieren?

Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Sturm: Zum Beispiel „Geben Sie mir bitte alle erforderlichen Unterlagen“. Klingt präzise, ist aber nicht zielführend. Verwirrt den Mandanten nur, weil er ja nicht weiß, worauf es ankommt. Der Satz führt zu wiederholten Kontakten, denn der Mandant bringt oder schickt Unterlagen, der Anwalt kann damit nichts tun, er fragt erneut nach und so weiter.

Und weshalb nutzen Anwälte solche unsinnigen Sprachblasen?

Sturm: Wer seinen Mandanten so etwas sagt, ist entweder zu faul, sich zu überlegen, was denn eigentlich wichtig ist. Und das wäre schlimm. Oder aber er weiß es gar nicht und wartet mal, was der Mandant so findet. Das wäre dann noch schlimmer.

Zweites Beispiel?

Sturm: „Das kommt darauf an.“ Diesen Standardspruch, der wahr ist, lernen Juristen schon ganz früh. Und sie sind stolz darauf, dass sie ihren Gesprächspartner damit verblüffen können. Eine tolle Antwort: man muss nichts wissen, und sie passt fast immer. Diese Antwort ist jedenfalls dann ein Zeugnis von Faulheit und sogar Dummheit, wenn der Anwalt nicht sagt, worauf es ankommt. Nur so kann der Mandant helfen.

Und noch ein drittes Beispiel aus der „Praxis für sprachlichen Irrsinn“?

Sturm: „Sie müssen mit dem Vergleich leben können.“ Auch so ein toller Satz. Natürlich ist nicht jeder Mandant gleich, und ein guter Berater sollte auch wissen, was für seinen Mandanten in der konkreten Situation gut ist. Dazu gehört es aber, dem Mandanten zunächst einmal sachlich-fachlich die Vor- und Nachteile des Vergleichs aufzuzeigen. Dazu gehört es auch, die Chancen und Risiken aufzuzeigen, wenn der Vergleich nicht geschlossen wird. Und dazu gehört es auch – wird jedoch gerne nicht gemacht-, dem Mandanten zu sagen, was denn nach dem Vergleich nach Abzug der von ihm zu tragenden Kosten an Forderung oder an Schuld verbleibt. Das können Mandanten nicht überblicken.

Dabei sollten Anwältinnen und Anwälte doch darauf achten, um vor allem von Nichtjuristen verstanden zu werden. Was also sollten die Juristen besser machen, wenn sie Mandanten schreiben oder mit ihnen sprechen?

Sturm: Eine klare Sprache wählen. Lieber mehrere kurze Sätze als einen langen. Mit Pausen und ruhig sprechen. Nicht angelerntes Wissen abspulen. Das interessiert Mandanten nicht. Sie wollen Antworten auf Fragen, einen Partner, den sie verstehen, und der eine Strategie aufzeigen kann, die überzeugt. Und ganz wichtig: zuhören, um Zusammenhänge, auch wirtschaftliche, zu verstehen. Viele Juristen machen den Fehler und meinen, sie wüssten alles besser und beurteilen den falschen Sachverhalt. Wer verstanden werden möchte, muss auch so sprechen, dass man ihn verstehen kann. Wer versucht, Dinge zu erklären, die er selbst nicht verstanden hat, der wird scheitern.

Interview: Daniel Grosse