Verliert Professor Boerne seinen Job? – Die Zukunft der Rechtsmedizin – von Daniel Grosse
Ob Professor Boerne bald seinen Job verliert? Noch schneidet er im Tatort aus Münster Leichen auf, begutachtet die toten Körper, untersucht die Leichname auf Schusskanäle, ermittelt die Stichrichtung nach Messerattacken. Postmortale forensische Diagnostik nennen das die Experten.
Und gemordet wird weiterhin, nicht nur im TV. Experten suchen dann Todesursachen. Wie Boerne im gespielten Leben, arbeiten Rechtsmediziner in der realen Welt zumindest ähnlich. (Natürlich nur ähnlich (!), um jetzt den kritischen echten Wissenschaftlern gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen.) Die forensische Radiologie als Schnittstelle zwischen Radiologie und Rechtsmedizin wird wohl auch Boerne & Co. nicht gleich arbeitslos machen. Trotzdem scheinen die technischen Möglichkeiten Ermittlern, Juristen und Medizinern ein gänzlich anderes Arbeiten zu bieten. Noch sind die Bestattungsgesetze der Bundesländer nicht einheitlich, § 87 der Strafprozessordnung sieht für das Ermittlungsverfahren eine äußere Leichenschau und Obduktion vor – wenn eine unklare Todesursache ermittelt werden soll. Allerdings ist die klassische Obduktion aufwändig und in vielen Fällen scheinbar nicht mehr die am besten geeignete Methode.
In der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW), Heft 38/2013 stellen die Autoren in einem Beitrag fest: „Bereits heute liefern radiologische Methoden wie etwa die postmortale Computertomographie häufig ebenbürtige, in einigen wichtigen forensischen Fragestellungen sogar überlegene Befunde.“ Blutgefäße, Knochen und Weichgewebe lassen sich hervorragend auf diese Weise untersuchen. Ohnen einen einzigen Schnitt mit dem Skalpell. Tatsächlich, so genannte bildgebende Verfahren zerstören den Leichnam nicht. Entdecken die Experten durch den High-Tech-Blick von außen Auffälligkeiten und müssen den Körper trotzdem öffnen, so ist dies möglich. Wäre er gleich geöffnet worden, hätte das die radiologische Untersuchung deutlich erschwert.
Nach Ansicht der NJW-Autoren werde von juristischer Seite in Zukunft zu klären sein, wann es gar als pflichtwidrig unterlassene Befunderhebung anzusehen ist, wenn nicht postmortal forensisch radiologisch untersucht wurde.
Professor Boerne, könnten Sie das bitte im nächsten Tatort berücksichtigen? Denn Ihren Job wollen Sie ja nicht verlieren, oder?