2005 waren bereits 15 Prozent der 132.500 examinierten Rechtsberater in Deutschland Fachanwälte. Die Gebühren für die anwaltliche außergerichtliche Erstberatung sind seit dem 1. Juli frei verhandelbar. Stundensätze oder Pauschalen sind möglich. Über die Zukunft der Rechtsberatung sprach Daniel Grosse mit der Baunataler Rechtsanwältin Gitta Kitz-Trautmann, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Allgemeinanwalt im Deutschen Anwaltverein.
median: Frau Kitz-Trautmann, die Zahl der Fachanwälte steigt stetig. Wird unser Rechtssystem immer komplizierter?
Gitta Kitz-Trautmann: Ja, das verdeutlicht sich schon an der zunehmenden Zahl von Rechtsverordnungen, die jedes Jahr auf uns niederprasseln nicht nur auf die Bürger, auch auf die Anwälte. Wir haben heute ganz andere Rechtsgebiete als früher.
Wann sollte man eher zu einem Fachanwalt gehen statt zu einem Allgemeinanwalt?
Kitz-Trautmann: Wenn es sich um eine sehr spezielle Rechtsproblematik handelt. In alltäglichen Rechtsstreitigkeiten ist nicht unbedingt ein Spezialist notwendig. Zudem werden Allgemeinanwälte Fälle, die sie nicht einschätzen können, schon aus Gründen der Anwaltshaftung an Fachkollegen weiter verweisen.
Wie erkennt der Ratsuchende einen kompetenten Anwalt?
Kitz-Trautmann: Allein der Begriff Fachanwalt oder der Ruf über einen Titel garantiert nicht automatisch die fachliche Kompetenz. Ich mache häufig die Erfahrung, dass sich Mandanten im Bekanntenkreis oder unter Arbeitskollegen über geeignete Anwälte informieren. Die persönliche Empfehlung ist bei der Anwaltssuche sehr wichtig. Auch die Homepage einer Kanzlei im Internet gibt eine Orientierung.
Sind Fachanwälte teurer als Allgemeinanwälte?
Kitz-Trautmann: Die Gebühren richten sich zunächst nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Im außergerichtlichen Bereich sollte man als Mandant seinen Anwalt unbedingt auf die Gebührenhöhe ansprechen. Es kann allerdings passieren, dass der Fachanwalt sagt, er verlange einen höheren Gebührensatz. Grundsätzlich gilt: Wer zum Anwalt geht, darf und sollte mit ihm über die Kosten sprechen.
Fachanwälte sind gefragt. Bleibt der Allgemeinanwalt konkurrenzfähig?
Kitz-Trautmann: Er wird künftig wieder mehr an Bedeutung erlangen, wenn es gelingt, seine Kompetenz und damit Qualität zu verdeutlichen. Häufig ist es so, dass auch der anwaltliche Generalist in bestimmten Rechtsgebieten spezialisiert ist.
Welche Spezialisierungen wären zusätzlich nötig?
Kitz-Trautmann: Das EU-Recht wird noch mehr Gewicht erhalten. Zum Teil wird es erheblich unterschätzt. Die Wichtigkeit, mit der EU-Regelungen in unser Rechtssystem eingreifen, ist bereits heute sehr groß.
Was wird die Zukunft der Rechtsberatung Mandanten und Rechtsanwälten bringen?
Kitz-Trautmann: Nach dem starken Anstieg der Fachanwaltschaften wird deutlich werden, dass wir daneben auch Generalisten brauchen, die zu einer generellen Einordnung der Rechtsproblematik fähig sind vergleichbar mit dem Hausarzt für Allgemeinmedizin als erstem Ansprechpartner, als Verbraucheranwalt oder als Anwalt des Mittelstandes. Der Allgemeinanwalt von morgen wird als Vermittler und Lotse vor Ort helfen, bei speziellen Rechtsfragen aber den Fachanwalt hinzuziehen.
Quelle: Mittelhessen Magazin median 06/2006