Wirklich wahr?
Von Daniel Grosse
Nachdem nun bereits eine Handvoll Banken über Apps bekannter Messenger-Dienste sämtliches Tagesgeschäft via Smartphone abwickelt, scheint sich der Siegeszug dieser hypermodernen Geldinstitute fortzusetzen. Jus Dillon-Wurst, Senior Partner der Großkanzlei „Cornwall and more“, mit Wurzeln in Marburg-Marbach, sieht in Smartphones eine Geldquelle.
Juristen sind alarmiert, weil Dillon-Wurst selbst bei Treffen mit Branchenkollegen bislang nichts über seinen neuen Coup verraten hat. Am Stehtisch eines Meetings in Kirchentellinsfurt trafen sich kürzlich Alumni der Universität Tübingen. Ein zufällig anwesender freier Mitarbeiter des Schwäbischen Tagblatts plauderte zunächst zwanglos mit Dillon-Wurst. Daraus entwickelte sich ein Interview. Der Jurist willigte schließlich ein, dass der Journalist das Notierte an seine Redaktion sendet. Und das hat es in sich. Das Interview ist teilweise rekonstruiert und von Dillon-Wurst nicht autorisiert. Das wollte er auf Nachfrage der Redaktion ausdrücklich nicht, da er großes Vertrauen in den Journalismus und die Guten der Branche habe, sagte er
Herr Dillon-Wurst, Ihr Stehtisch, darf ich?
Jus Dillon-Wurst: Wie?
Darf ich mich zu Ihnen stellen, meine Kroketten rollen mir sonst gleich vom Teller.
JDW: Das will ich nicht verantworten. Kommen Sie her. Also, guten Appetit.
Was tun Sie da?
JDW: Ich halte mir mein Smartphone ans Ohr.
Sie wischen mit Ihrem Ohr statt die Finger zu benutzen?
JDW: Ich wische? Ich höre!
Aber weshalb hören Sie daran, an dem Gerät?
JDW: Ich spreche sogar direkt in das Gerät. Aber sagen Sie, nun habe ich Ihnen und Ihren Kroketten geholfen. Helfen Sie auch mir. Was soll die dämliche Fragerei? Sind Sie Journalist?
Ja, von der Zeitung hier in der Region. Ich wollte Sie jedoch nicht aushorchen. Sie können mit Ihrem Smartphone auch tun, was Sie wollen.
JDW: Wollen Sie auch mal? Daran hören.
Das geht jetzt aber zu weit.
JDW: Stimmt, Sie haben recht. Aber das Gerät ausschließlich durch Ohrenkontakt zu nutzen, darauf sind bislang noch nicht so viele meiner juristischen Branchenkollegen gekommen. Das Smartphone ist eine geniale Geldquelle.
Ohne darauf herumzuwischen?
JDW: Ja, einfach sprechen, hören, sprechen und so weiter.
Und wie nutzen Sie dann Apps?
JDW: Das ist es doch gerade. Ich habe die App im Mund. Im linken Backenzahn, recht weit vorne.
Sie wollen mich ver*rschen? Entschuldigen Sie die Wortwahl.
JDW: Stimmt. Die App steckt im rechten Backenzahn. Aber bevor Sie gehen, weil Sie mich für aufgeblasen und arrogant halten, hören Sie zu. Mein Zahnarzt ist ein Tüftler. Er hat es geschafft, rein virtuell, unter meiner Krone eine winzigkleine App digital zu implantieren. Anfangs kitzelte es noch, wenn mein Smartphone im WLAN plötzlich von selbst die App aktualisiert. Aber nun habe ich mich daran gewöhnt.
Und was erledigen Sie mit Ihrer Mund-App?
JDW: Vor allem spare ich Zeit. Ich telefoniere und regle gleichzeitig meine Bankdinge. Kaufen. Verkaufen. Aktienkram. Überweisungen. Der Berater meiner Smartphone-Bank sollte sich freuen.
Und wie steuern Sie die App? Durch Mundbewegungen?
JDW: Ja, das war anfangs für meine Gesprächspartner tatsächlich nervig. Ich schnalze oft beim Sprechen, vor allem, wenn ich mit meinen Aktien handle. Aber anders lässt sich die App beim Telefonieren vorerst nicht steuern. Und verraten wollte ich meinen Gesprächspartnern bislang auch noch nichts von dieser Wahnsinnstechnologie.
Und warum jetzt mir?
JDW: Ihre Kroketten taten mir leid.
Meine Kroketten?
JDW: War ein Scherz. Den wahren Grund verrate ich Ihnen bei einem nächsten Treffen.