Von Daniel Grosse
Mir geht dieser Digitalisierungswahn gehörig auf den Sender. Entschuldigt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Auch dieses Lokalblog ist natürlich eine Folge der Möglichkeiten, die die Digitalisierung bietet. Zugegeben.
Zu publizieren ist, dank der Technologien und des Internet, einfacher geworden. Auch ich publiziere über Books on Demand. Auch ich schreibe für Medien über Recht, die Juristen und wie sie mit Legal Tech erfolgreicher werden. Sinnvoll? Aber darum geht es nicht. Die Häufung und die Lobpreisung, mit der Digitalisierung medial hinaus gepustet wird, stört mich. Wir lesen über faceebook und darüber, wie Gedanken Prozesse steuern sollen. Wir hören von Implantaten, die Körper wieder beweglicher machen. Medien dürfen nicht mehr crossmedial arbeitend bezeichnet werden, weil das den Stand vor zehn Jahren beschreibe. Da entsteht ein schiefes Bild. Das ist mir zu einseitig. Muss Digitalisierung überhaupt sein, oder wie viel davon, und wo? So arbeiten zum Beispiel Unternehmerinnen auf der Schwäbischen Alb schon seit Jahren erfolgreich, beschicken und betreiben ihre Wochenmärkte, ohne Internet, teils sogar ohne E-Mail. Von einem Oliven-Online-Shop ganz zu schweigen. Steinzeit? Nein. Kundennähe? Ja. Zu den Wochenmarktkunden und den Lieferanten. Und was ist mit Branchen, in denen Menschen sich mit einem Tuch neben Bettlägrige setzen, ihnen den Speichel vom Mund wischen? Altenpflege eben. Da kommen leider auch auch schon Online-Digital-Geräte zum Einsatz, die die Takt- und Pflegezeiten vorgeben, aber die dienen eben nicht dem Menschen, sondern den Arbeitgebern und Krankenkassen. Nur zwei ganz kleine Beispiele.
Dass lange nach der Dampfmaschine die Digitalisierung gefolgt ist, mag ja logisch erscheinen. Aber dass das immer so gesund und sinnvoll ist, ist eine andere Frage. Und die ist unpopulär. Gut so. Übrigens, im Wald singen noch immer Vögel – vollkommen undigital.
Mein Vorschlag für das Unwort des Jahres: Digitalisierung.