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Mit Unterschriften gegen Pläne am Oberen Rotenberg

Montag, April 23rd, 2018

Von Daniel Grosse

Das Baugebiet auf den Wiesen am Oberen Rotenberg/Höhenweg in Marburg-Marbach ist zwar noch lange keines. Aber immer wieder ist bereits jetzt zu lesen, dass sich Menschen gegen Überlegungen, dort eventuell in großem Stil zu bauen, wehren. Für heute Vormittag (Montag), 11 Uhr, hat zum Beispiel die so genannte „Initiative Marbacher Nachbarn“ angekündigt, der Stadtverordnetenvorsteherin Marianne Wölk (SPD) eine Unterschriftensammlung zu überreichen. Mehr als 400 Unterschriften habe sie gegen eine eventuelle Bebauuung gesammelt, teilt die Initiative mit.

Zugrunde liegt ein Memo mit folgendem Wortlaut:

„Keine Bebauung von Oberem Rotenberg und Marbacher Wiesen !….Bau eines Gewerbegebietes und Wohnbebauung am Oberen Rotenberg und „Engelsberg“ (Marbacher Wiesen) gefährden ein wichtiges Naherholungsgebiet und einen Bereich mit erheblicher klimatischer Bedeutung für ganz Marburg.
Welche Folgen hat das für Natur und Klima?
• Freie Flächen am Stadtrand sind eine wichtige Frischluftschneise für ganz Marburg. Zubauen dieser Flächen kann die Luftqualität weiter Teile der Stadt verschlechtern. Aktuelle Daten/Klimamessungen sind notwendig im Bereich Marburger Rücken zwischen Marbach-Engelsberg und Ockershausen-Hasenkopf zur Kaltluftentstehung über den Höhenflächen und Kaltluftzufuhr in die tiefer gelegenen Bebauungs- und Stadtlagen. Gibt es aktuelle Klimafunktionskarten der Stadt (nicht nur Daten aus Investoren-Gutachten)?
• Verpflichtung zur Luftreinhaltung der Städte: eine Verringerung/Veränderung der Frischluftzufuhr in die Tallagen der Stadt kann zur Nichteinhaltung von Schadstoffgrenzwerten führen. Welche Folgen hat das für den Marburger Straßenverkehr? Welche Untersuchungen gibt es, um die zur Einhaltung der Schadstoffgrenzen zu gewährleisten? Ginge es um drohende Fahrverbote hat die Stadt die Nachweispflicht, entsprechende Vorsorge getroffen zu haben.
• Zahlreiche geschützte Arten in diesem Bereich: Amphibien (Erdkröten, Molche; Schutzgebiet Erdkröten weniger als 100 m entfernt: Köhlersgrund/ Dammelsberg); Vögel wie Graureiher, Wiedehopf, Eulen, Kauze, Greifvögel, Schwalben, Feldlerchen, Zaunkönig, Zugvögel wie Wildgänse und Kraniche.
• Der Engelsberg ist ein Wasserpuffer bei starkem Regen ! Versiegelung großer, hoch gelegener Flächen führen zu erheblicher Zunahme der Wassermengen, die den Stadtteil Marbach belasten mit Folgen für Straßen, Wasserleitsysteme und ggf. auch Wohnbebauung. Zu erwarten sind erhebliche finanzielle Belastungen für die Bewohner weiter Teile der Marbach. Die Folgekosten müssten einzig von den Investoren getragen werden ! Die angedachten Zisternen sind nicht ausreichend.
• Erhebliches Verkehrsaufkommen – PKW und LKW – auf dafür nicht geeigneten Straßen mitten durch den Ortsteil Marbach, entlang Naturschutzgebieten („Im Köhlersgrund“), über „Rotenberg“ oder „Hohe Leuchte“. Es gibt derzeit keine LKW-geeignete Zufahrt, außer, wie vom Bauamt vorgeschlagen, ein weiter (Um-)Weg über die Lahntal-Landstraße und Neubaugebiet Wehrshausen.
• Verkehrszunahme auch in der ohnehin überlasteten nördlichen Marburger Innenstadt (schon seit Jahren kilometerlanger Stau bis Marbach zur Rush hour).
• Ist geklärt, ob es Weltkriegsminen in dem Bereich gibt ? (ähnliches Projekt in Gossfelden musste wegen Kosten der Minenräumung aufgegeben werden)
• Bau eines Einkaufszentrum mit ca. 2000 qm nach §11 Baunutzungsverordnung (Sondergebiet für Einkaufszentren und großflächigen Einzelhandel) widerspricht dem Regionalplan Mittelhessen (hier nur Wohnfläche vorgesehen). Zulässige Verkaufsflächen am Stadtrand max. 800 qm, bei Sondergenehmigung höchstens 1200 qm Gesamtfläche.
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• Planungen für Bauleitplanverfahren des Einkaufszentrums (tegut) stammen
unmittelbar von der Werner Group. Bisher keine unabhängigen Prüfungen und
Gutachten der Stadt (wie von Bauamt bei Ortsbeirat Marbach angekündigt).
• Einkaufszentrum ist nicht im Gewerbeentwicklungskonzept Marburg 2017
vorhanden: Ist die Planung zum tegut-Einkaufszentrum mit dem Marburger
Gesamtkonzept abgestimmt? Kann die Bedarfsplanung stimmen, wenn nicht im
GEK integriert?
• Verlagerung der Einkaufszentren an den Stadtrand widerspricht sowohl Vorgaben
im Regionalplan MH als auch aktuellen Vorgaben der Bundesregierung.
• Keine Zersiedelung und „Gewerbekomplexierung“ des Umlands bei Leerstand
von Gewerbe und teuren Immobilien in den Innenstädten (auch in Marbach und
Umfeld Rotenberg stehen Immobilien leer aufgrund hoher Preise).
• Ausreichende Einkaufsflächen für Marbach und Wehrshausen vorhanden:
Ketzerbach (u.a. tegut; auch nicht weiter als Oberer Rotenberg für die meisten
Marbacher und besserer ÖPNV-Anschluss) sowie in PKW-Entfernung zahlreiche
Märkte in Stadt Marburg, Sterzhausen, Wehrda, Cappel. Ein Vorranggelände für
den Bau eines Supermarktes am oberen Höhenweg wurde vor wenigen Jahren als
„nicht benötigt“ aufgegeben, hier sind jetzt Mehrfamilienhäuser. Damals waren
bereits Planungen zu Erweiterungsfläche „Engelsberg“ für Regionalplan
Mittelhessen den Akteuren bekannt. Jetzt plötzlich Bedarf?
• Voten der Ortsbeiräte Marbach und Wehrshausen für Supermarkt basierten auf
falschen Informationen bezüglich der Ausweisung des Gebietes (nach Auskunft
des Ortsbeirats Marbach). Die Voten der Ortsbeiräte sollten daher wiederholt
werden, insbesondere nach sorgfältiger Recherche und Darlegung der
Folgekosten für die Bürger der Stadtteile bei Erschließung des Geländes.
• Unzulässige Vorgänge wie Reservierungen/ Vorverträge für Baugebiete Flurstück
Engelsberg durch Investoren noch vor Beginn des Gesamtverfahrens – dies führt
zu Vorfestlegungen und Druck auf die Entscheidungsträger.
Wo sind Transparenz und Bürgerbeteiligung der Stadt? Bisher sind für den Oberen
Rotenberg nur die gesetzlich vorgeschriebenen Formen der Bürgerbeteiligung
angekündigt worden, also keine darüber hinausgehende Beteiligung von Anwohnern
und interessierten Bürgern zu diesem Vorhaben. …“

Einkaufsvorfreude im Konjunktiv

Montag, April 3rd, 2017

Kommt der Markt, oder kommt er nicht? Und was folgt eventuell noch nach, dort oben, am Oberen Rotenberg in Marbach? Entfaltet solch ein Markt einen Sogeffekt?   Foto: Daniel Grosse

Von Daniel Grosse

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Aktualisierung/Zusatzinfo, 9. April: Ob tegut nun baut – oder vielleicht auch nicht-, Blumen Philipps werde in jedem Falle weiterhin bestehen bleiben, so die Planung.
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Mit 1.500 Quadratmetern Ladenfläche weit mehr als doppelt so groß wie der Markt in der Ketzerbach, Ladenöffnungszeiten von 7 bis 21 Uhr, eine Raumhöhe von 6,50 Metern, eine Frischetheke, sogar Fisch soll es dort geben, eine Bankfiliale, eine Ruhezone, die Zufahrt auf den Parkplatz an gleicher Stelle wie bislang, so wie ihn die Gärtnerei-Kunden kennen, allerdings mit 90 Stellplätzen, vielleicht mit einer zusätzlichen Bushaltestelle in direkter Nähe, eine eventuelle zusätzliche Abbiegespur – 2019 könnten die ersten Bagger bei dem tegut-Projekt in Marburg-Marbach rollen. Sieben bis acht Monate Bauzeit könnten es dann schon werden.

Was die Zuhörer jüngst bei der Ortsbeiratsitzung im kleinen Saal des Marbacher Bürgerhauses erfuhren, waren Informationen, die alle Beteiligten auch ansonsten weitestgehend im Konjunktiv formulierten. Könnte, würde, sollte. „Wir sind noch in einem sehr frühen Stadium“, so Bürgermeister Dr. Franz Kahle. Und trotzdem, die tegut-Pläne haben vergangene Woche ein Gesicht bekommen.

Da irritiert es zwar etwas, dass tegut etwa mit seiner Stamm-Bäckerei bereits gut versorgt sein müsste, trotzdem aber auf die Frage, ob es eventuell eine Kooperation mit den Bäckereien rund um die Tankstelle in Marbachs Mitte geben könnte, der tegut-Mann verkündete: „Genau das ist der Plan.“ Und könnte es denn auch eine Poststelle im Markt geben? „Da rennen Sie bei uns offene Türen ein.“ Irgendwie alles etwas zu positiv. Spätestens an dieser Stelle wandelte sich die Präsentation im Bürgerhaus in eine Werbeverkaufsveranstaltung. Schon zuvor hatte der tegut-Vertreter die Besucher auf einen gedanklichen Rundgang durch den eventuell dann existierenden tegut-Markt mitgenommen. Am Ende des Rundganges angekommen, folgte der Bereich, „der uns natürlich am liebsten ist: die Kassenzone. Denn es muss natürlich auch Geld verdient werden.“

Weitere Knackpunkte kamen zur Sprache. Natürlich werde es mehr Verkehr geben, aber der werde sich im Rahmen halten. 3,3 Anlieferungen hat tegut als tägliches Mittel für den Markt am Oberen Rotenberg errechnet, für einen eventuellen Markt. Über die Wege der künftigen Kunden lässt sich natürlich nur spekulieren. Höhenweg, Köhlersgrund, Landstraße aus Richtung Wehrshausen und der Rotenberg sind die möglichen Zufahrtstraßen. Von Wehrshausen kommend, am Sellhof vorbei, könnte ein kombinierter Rad-Fußweg gebaut werden. Könnte. Ein kleinklimatisches Gutachten müsste bei einem Supermarktbau vorliegen.  Eine Alternative zum simplen Ableiten von Abwasser in die Kanalisation wäre ein Rückstau und eine Versickerung auf dem Grundstück. Das erwartete Einzugsgebiet des Marktes umfasst 8.000 Menschen. Altglascontainer nahe des Marktes sieht tegut eher kritisch, zu groß sei die Gefahr, dass dann Schmutzecken entstehen. Eine Alternative könnte ein Unterflurcontainer für Altglas darstellen. Die Idee kam von Kahle.

Spätestens Mitte 2018 könnte es zu Konkretisierungen der Planungen kommen. Und eine Baugenehmigung werde eh erst erteilt, wenn Planreife da ist, wie es Kahle formulierte. Spontan ließ der Bürgermeister bei der Sitzung im Bürgerhaus abstimmen. 18 Besucher votierten pro tegut, drei contra tegut und neun enthielten sich. „Ich, als Stadt“, war übrigens die schönste Aussage an diesem Abend. Sie kam? Natürlich, von Kahle.

Wen es beruhigt: Sollte tegut kommen, kommt wenigstens ein Supermarkt mit einem biologisch-grünen Öko-Anstrich und einem Gedanken der Nachhaltigkeit sowie einem Herz für den regionalen Anbau. Dass tegut inzwischen mit Amazon kooperiert, um den erfolgreichen Online-Vertriebskanal mit seinem effizienten Logistiknetzwerk zu nutzen, sei nur am Rande erwähnt. Wie war das? 3,3 Anlieferungen täglich? Hinzu kommen in Kürze in der Marbach dann noch die Lieferwagen der Paketdienste mit dem tegut-Trockensortiment von Nudeln bis Zahnpasta. Egal, ob tegut auf dem Philipps-Gelände nun baut – oder eben nicht.